Volkskrankheit Adipositas

Übergewicht kann schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Mangelnde Disziplin ist meist nicht die Ursache. Therapieansätze vereinen Ernährungsumstellung, Medikamente und Chirurgie.

Illustration: Laura Neuhäuser
Illustration: Laura Neuhäuser
Dr. Ulrike Schupp Redaktion

60 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben Übergewicht, ein Viertel davon ist bereits adipös, stark übergewichtig. Seit den 70er-Jahren hat sich der Anteil stark übergewichtiger Menschen fast verdreifacht. „Übergewicht“ beginnt dabei mit einem Body-Mass-Index (BMI) größer 25 kg/m2. Als adipös oder „fettleibig“ gilt, wer auf einen Wert über 30 kg/m2 kommt. Die Ursachen liegen oft nicht in mangelnder Disziplin, sondern zum Beispiel bei einem genetisch bedingt fehlenden Sättigungsgefühl, einer unbehandelten Schilddrüsenunterfunktion, Testosteronmangel oder der Einnahme entzündungshemmender Medikamente.

Adipositas ist eine chronische Krankheit

Erwachsene mit Adipositas haben eine niedrigere Lebenserwartung. Sie tragen ein höheres Risiko, an Diabetes mellitus zu erkranken, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Fettleber, verschiedenen Krebsformen, Schlaf-Apnoe oder auch an Long Covid.  Seit dem Jahr 2000 erkennt die WHO Adipositas als chronische Erkrankung mit einer „über das Normalmaß hinausgehenden Vermehrung der Körperfetts“ an. Zwanzig Jahre später zog der Deutsche Bundestag nach. Durch die Anerkennung können die Kosten für eine Adipositas-Behandlung jetzt zumindest teilweise und öfter von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.  

Ganzheitliche Therapie

Die Behandlung der chronischen Erkrankung ist immer auch abhängig von den Begleiterkrankungen und dem Grad der Adipositas. Betroffene sollen nicht nur abnehmen, sondern auch ihr Gewicht halten und einen gesunden Lebensstil erlernen. Die Basistherapie bei einem BMI von etwa 30 kg/m2 setzt bei Ernährung, Bewegung und Verhalten an. Sie kann durch Apps auf dem Smartphone unterstützt werden. Die Kosten für diese sogenannten DiGAs trägt die Krankenkasse. Schwinden die Kilos nicht wie gewünscht, kommen zusätzlich teure, meist selbst zu zahlende Medikamente zum Einsatz. Sie können das Sättigungsgefühl verstärken oder Hungergefühle dämpfen, haben aber häufig starke Nebenwirkungen. Erst ab einem BMI ab 35 kg/m2 gilt eine Magen-OP als sinnvoll. Meist nur, wenn es bereits schwerwiegende Begleiterkrankungen gibt. Die bariatrische Chirurgie kann zum einen das Magenvolumen verkleinern, zum Beispiel durch ein Magenband oder die Entfernung eines Teils des Magens. Zum anderen kann sie, etwa durch einen Magenbypass, dafür sorgen, dass es zu einer verzögerten Verdauung kommt. Abhängig von der Art des Eingriffs kann die OP einen Gewichtsverlust von bis zu 35 Prozent bewirken. Immer ist eine lebenslange Nachsorge notwendig. Die Betroffenen müssen weiterhin, nach Möglichkeit unterstützt durch eine Basistherapie, auf Ernährung und Bewegung achten.

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