Medizin ist Zukunft

Was vor wenigen Jahren noch als unheilbar galt, kann heute durch moderne Therapien behandelt werden. Denn kaum ein Feld ist so innovativ wie die Medizin. Das kommt auch der Volksgesundheit zugute.

Illustration: Laura Neuhäuser
Illustration: Laura Neuhäuser
Jost Burger Redaktion

Europa 10.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung: Eine Gruppe von Menschen durchstreift einen Wald auf der Suche nach Genießbarem. Doch die gesammelten Beeren und Wurzeln dienen nicht nur der Ernährung. Auch damals schon wird man um die Heilkraft bestimmter Pflanzen gewusst haben – ein Wissen, entstanden durch Erfahrung und gezieltes und beherztes Ausprobieren. Heute würde man sagen: durch Forschung. Mutig waren unsere Vorfahren auch, wenn es um Operationstechniken ging. Schädelöffnungen wurden schon in der Steinzeit vorgenommen. Diese Trepanationen dürften dem Zweck gedient haben, Hirnschwellungen nach einer Verletzung zu verringern, und wurden erstaunlich oft überlebt. Ein Beispiel, wie der Mensch schon immer seine Zukunft in die Hände der Medizin gelegt hat.

Medizin ist Zukunft, und die Zukunft der Medizin findet täglich statt. Alle großen technologischen Trends und Entwicklungen finden Anwendung in der Medizin und tragen zur Verbesserung unserer Lebensqualität bei. Die Lebenserwartung etwa hat sich in Deutschland seit 1870 mehr als verdoppelt. Größer werden wir auch – durchschnittlich überragen wir unsere Urgroßeltern um zehn Zentimeter. Das liegt nicht nur an einer besseren Nahrungsversorgung, sondern auch am medizinischen Wissen darüber, was eine gute Ernährung überhaupt ist. Doch wie gesund sind die Deutschen wirklich?

Bei der Gesundheit geht noch was

Man könnte sagen: Da ist noch Luft drin. Laut der jüngsten Befragung des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Gesundheit der Deutschen leidet über die erwachsene Gesamtbevölkerung gesehen rund neun Prozent an einem Diabetes – bei den Über-80-Jährigen sind es sogar 20 Prozent. 17 Prozent klagen über Arthrose, knapp sechs Prozent haben eine koronare Herzkrankheit (12,5 Prozent bei den 65- bis 79-Jährigen, 20 Prozent in der Gruppe ab 80 Jahren), immerhin 2,3 Prozent leiden an den Folgen eines Schlaganfalls. Mehr als die Hälfte ist zu dick – schon in der Gruppe der 18 bis 29-Jährigen sind es ein Drittel. Auch geraucht wird von knapp einem Drittel der Menschen, 14 Prozent zeigen einen bedenklichen Alkoholkonsum. Beim Sport könnte ebenfalls mehr gehen: Eine Umfrage der Techniker Krankenkasse (TK) aus dem vergangenen Jahr ergab, dass 45 Prozent der Deutschen selten oder nie Sport treiben.

Deutschland, ein Land der Kranken, der Menschen, die sich ungesund verhalten? Ja und nein. Nur zwei Beispiele, wo sich die Dinge zum Besseren wenden: Eine repräsentative Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) aus dem Jahr 2022 von Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 25 Jahren ergab, dass sie weitaus häufiger komplett auf Alkohol verzichten als junge Menschen in der Vergangenheit. Gaben im Jahr 2004 noch 21 Prozent der 12- bis 17-Jährigen an, mindestens einmal pro Woche zu trinken, waren es im Jahr 2021 nur noch knapp neun Prozent. Bei den 18- bis 25-Jährigen ging die Zahl ebenfalls von 44 Prozent im Jahr 2004 auf 32 Prozent im Jahr 2021 zurück. Erfreuliches gibt es auch bei der Zahl von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu vermelden. Sie sind zwar immer noch Todesursache Nr. 1, dennoch sank die Sterblichkeitsrate in Folge einer Herzerkrankung zwischen 2011 und 2020 um knapp 22 Prozent, wie der Deutsche Herzbericht 2021 der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG) vermeldet.

Medizinischer Fortschritt wirkt

Ein Hauptgrund dürften die Fortschritte sein, die bei der Prävention, der frühzeitigen Diagnose und den Behandlungsmöglichkeiten gemacht wurden und werden. Minimalinvasive Operationstechniken etwa bringen Stents oder künstliche Herzklappen sicher an ihren Ort und belasten die Patienten so deutlich weniger. Moderne bildgebende Verfahren können das Herz und die Gefäße immer detaillierter darstellen. Das hilft unter anderem bei der Vorbereitung von OPs, die zudem durch robotergestützte Systeme immer präziser sind. Ein wichtiger Trend ist die Digitalisierung. Telemedizinische Systeme helfen beim Monitoring des Herzgeschehens bei Risikogruppen und schlagen Alarm, wenn sich etwa Anzeichen für ein Vorhofflimmern zeigen. Wearables wie Smartwatches überwachen permanent die wichtigsten Körperfunktionen und geben ihren Trägern Hinweise auf Gefahren.

Auch die Volkskrankheit Adipositas kann, wenn noch nicht geheilt, so doch immer besser behandelt werden. Neue Medikamente unterstützen beim Abnehmen, Operationen zur Magenverkleinerung helfen bei der Gewichtsabnahme. Zugleich setzt sich der Ansatz durch, gesundheitsgefährdendes Übergewicht ganzheitlich zu behandeln, also auch eine permanente Umstellung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten miteinzubeziehen.

Digitale Lösungen finden sich in allen Bereichen der Medizin und des Gesundheitswesens. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) zum Beispiel sind Apps, die auf Rezept verschrieben werden. Sie unterstützen Erkrankte unter anderem bei der Durchführung von Therapieprogrammen und helfen beim Alltagsmanagement einer Erkrankung. Für immer mehr Menschen ist es zudem normal, mit ihrer Krankenkasse per App zu kommunizieren, und auch die Prozesse in Praxen und Krankenhäusern sind durch die Digitalisierung bestimmt. Zugleich unterstützen KI-Techniken wie selbstlernende Systeme oder die Analyse großer Datenmengen (Big Data) Diagnostik und Forschung.

Innovation seit 12.000 Jahren

Die Krebsforschung gehört zu den innovativsten Feldern der Medizin. Neben den klassischen Therapieansätzen der Chirurgie, der Bestrahlung und der Chemotherapie gehört die Zukunft der personalisierten Medizin. Durch Genomanalysen der Betroffenen ebenso wie des Karzinoms können maßgeschneiderte Therapien entwickelt werden. Genanalysen helfen auch bei der Einschätzung des Risikos einer zukünftigen Krebserkrankung. Mittlerweile kann das körpereigene Immunsystem darauf trainiert werden, gezielt Krebszellen anzugreifen und zu vernichten.

Zwischen den Heilkräutersammlern der Steinzeit und der modernen Medizin liegen 12.000 Jahre. Der Blick in die Vergangenheit ist zugleich ein Blick auf das, was kommt. Heute ist behandelbar, was vor wenigen Jahren noch einem Todesurteil gleichkam. Kein Zweifel: In der Medizin ist immer Zukunft.

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