Aus alt mach neu zum Schnäppchen-Preis

Sauber und fair produzierte Mode gibt es inzwischen für jeden Geschmack und Geldbeutel.
Kund:innen sollten aber genau prüfen, ob die Öko- und Fairness-Labels echt sind oder Fake.

Illustration: Laura Neuhäuser
Illustration: Laura Neuhäuser
Andrea Hessler Redaktion

Buy less, choose well, make it last“, war das Credo der 2022 verstorbenen britischen Modedesignerin Vivienne Westwood. Wer sich Mode des Labels leisten will und kann – etwa Hosen für 500 Euro und Sweatshirts für 800 Euro – erhält neben ausgefallenem Design das Bewusstsein, nachhaltig zu shoppen. Die Marke verwendet innovative Materialien, spart Ressourcen und legt Wert auf handwerkliche, traditionelle Fertigung und Langlebigkeit.

50 neue Teile pro Jahr

Anders die Mehrzahl der Hersteller weltweit. Umweltschutz und Arbeitsbedingungen an Produktionsstandorten wie Bangladesh und Vietnam spielen nach wie vor kaum eine Rolle. Rund 72 Milliarden Euro geben deutsche Konsumenten im laufenden Jahr voraussichtlich für Kleidung und Schuhe aus, so die Recherche der Online-Plattform Statista. Die meisten Teile stammen aus Ladenketten im Niedrigpreissegment, die alle paar Wochen neue Kollektionen pushen. Mehr als 50 neue Teile pro Person verstopfen jährlich den Kleiderschrank, viele von ihnen werden gar nicht oder nur wenige Male getragen und landen dann im Altkleidercontainer oder gleich im Müll.

Dabei hat sich nachhaltige Mode auch unterhalb des Preisniveaus von Designern längst vom Latzhosen- und Wollsocken-Image befreit. Das Traditionsunternehmen C&A etwa produziert trendige Jeans und T-Shirts aus Bio-Baumwolle, etabliert nachhaltigere Lieferketten und ersetzt Plastik durch biologisch abbaubares Material aus pflanzlichen Abfallprodukten, entwickelt vom Bio-Ökonomie-Start-up traceless. „Unsere Zusammenarbeit mit traceless ist ein wichtiger Schritt in Richtung unseres ambitionierten Ziels, bis 2028 Einwegplastik mit nachhaltigeren Alternativen für unsere Kundinnen und Kunden zu ersetzen“, sagt Aleix Busquets Gonzalez, Head of Global Sustainability bei C&A.

Genau hinschauen

Doch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) warnt vor Green- und Social-Washing vieler Anbieter, die falsche Behauptungen aufstellen, um sich ein nachhaltiges Image zu geben. Ceren Yildiz, Expertin für Umweltschutz in Lieferketten beim BUND empfiehlt, auf folgendes zu achten: „Ist die Botschaft konkret und enthält sie Fakten? Verweist das Unternehmen auf weiterführende Informationen?“ Nachhaltig sei ein Unternehmen nur dann, wenn es umweltverträglich und sozial produziere, die Rechte von Arbeitern und Gewerkschaften achte. Aufpassen solle man bei Bezeichnungen wie „vegan“ und „natürlich“. Auch viele der in Umlauf befindlichen Siegel und Zertifikate seien frei erfunden, betont Yildiz. So dürfe Viskose als natürlich bezeichnet werden, obwohl der Herstellungsprozess umweltschädlich sei; auch vegane Produkte dürften aus Erdöl hergestellt werden und damit die Klimakrise anheizen. Eines der nachvollziehbar seriösen Öko-Siegel ist der Global Organic Textile Standard.  Für dieses müssen Textilien mindestens 70 Prozent Bio-Fasern enthalten, die ohne den Einsatz von schädlichen Chemikalien, Gentechnik, Herbiziden oder synthetischen Pestiziden angebaut und aufgezogen wurden.

Besser als jedes Siegel ist es, Kleidung möglichst lange selbst zu nutzen, zu verschenken oder zu verkaufen. Über Ebay, Tauschbörsen wie Kleiderkreisel sowie Flohmärkte oder Second-Hand-Läden finden alle abgelegten Teile noch neue Liebhaber:innen. Auf hochwertigen Second-Hand-Plattformen wie Rebelle oder Vestiaire kann man durchaus Schnäppchen bekannter Edel-Marken finden für unter 100 Euro. Oder eine Birkin Bag von Hermès, auf die man normalerweise Jahre warten muss, zum reduzierten Sofort-Preis von schlappen 43.000 Euro.

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