Lust auf Rendite

Die Finanzjournalistin Jessica Schwarzer rät dringend dazu, sich mit Aktien als Geldanlage zu beschäftigen.
Illustration: Vanessa Melzner
Jessica Schwarzer Redaktion

Die Deutschen und die Aktie, das ist ein ziemlich schwieriges, mitunter sogar gestörtes Verhältnis. Zu riskant, unberechenbar, nur etwas für Reiche oder Zocker, so lauten die weit verbreiteten Vorurteile. Das Ergebnis: Die Bundesbürger meiden die Börse. Nur jeder Sechste besitzt Aktien oder Aktienfonds. Das ist wirklich schade, in Zeiten von Null- und Niedrigstzinsen sogar ziemlich problematisch.


Aktien sind nämlich langfristig der Renditetreiber überhaupt. Das sagt nicht nur eine überzeugte Börsianerin. Auch die Bundesbank hat vor einiger Zeit höchst amtlich festgestellt, dass Aktien „die renditestärkste Anlageform im Portfolio“ sind und seit 1991 durchschnittlich eine jährliche reale Rendite - also nach Abzug der Inflation - von acht Prozent brachten. Und diese Erkenntnis der Geldhüter gilt eben nicht nur in Zeiten homöopathisch dosierter Zinsen, das war schon immer so.

 

Stärker ins Risiko gehen!
 

Nur ist die Not der Sparer aktuell eben besonders groß. Vorbei die Zeiten, in denen sich das Ersparte alle zwölf bis 15 Jahre quasi von alleine auf dem Sparkonto verdoppelte. Heute dauert die Kapitalverdoppelung stolze 200 Jahre, bei einer Rendite von 0,4 Prozent. Aber wer bekommt schon noch so hohe Zinsen aufs Tages- oder Festgeldkonto? Wer sein Vermögen heute merklich mehren will, kann vermeintlich sichere Sparanlagen oder solide Rentenpapiere wie Bundesanleihen getrost vergessen. Wer eine auskömmliche Rendite erzielen will, muss stärker ins Risiko gehen. Und damit sind wir auch schon beim nächsten Problem: Risiko.

Bei der Geldanlage scheuen die Deutschen jedes Risiko. Sie haben Angst vor Kursschwankungen, vor möglichen Verlusten oder gar dem Totalverlust. Das Desaster mit der T-Aktie steckt vielen noch in den Knochen oder sie haben die Horror-Geschichten zumindest gehört. Das Wissen über die Börse, über den Kapitalmarkt, über die Beteiligungen an unserer heimischen Wirtschaftskraft oder besser noch der Weltwirtschaft ist schlecht und die Verunsicherung groß, wie Studien immer wieder zeigen. Es fehlt an Wissen und Erfahrung.

Angst, Verunsicherung, Zweifel - Menschen sind eben keine gefühlskalten Roboter. Sie hören nicht nur auf ihren Kopf, sondern auch auf ihren Bauch. Und der sagt ihnen, dass sie lieber auf Nummer sicher gehen sollten, wenn es ums Ersparte geht. Gefühle, die gut nachvollziehbar sind. Bei der Geldanlage kosten Emotionen aber leider oft Rendite. Das gilt nicht nur für Gier und Größenwahn - Stichwort Zockerei - sondern eben auch für das andere Extrem. Zu viel Vorsicht lässt das Vermögen sogar schrumpfen: Seit 2010 hat jeder Bundesbürger wegen des negativen Realzinses gut 1.000 Euro verloren, wie die Onlinebank Comdirect errechnet hat. Sparen scheint heute gefährlicher als Investieren. Natürlich ist Sparen noch immer gut und wichtig. Nur wer Geld zur Seite legt, kann es schließlich auch investieren. Aber genau dieser Schritt vom Sparer zum Investor, fällt den Deutschen extrem schwer und deshalb verlieren sie viele Milliarden Euro.

Sie glauben, ihr Geld liegt sicher auf dem Konto. Sie machen sich aber leider etwas vor, reden sich die Zinssituation schön oder ignorieren sie - auch das weit verbreitete Emotionen bei der Geldanlage. Natürlich bleiben 10.000 Euro auf dem Konto auch 10.000 Euro, aber die Kaufkraft schwindet. Ihre Gegenreaktion: Sie sparen einfach noch mehr. Auch deshalb werden die Deutschen immer reicher. Das Geldvermögen der Privathaushalte kratzt aktuell an der Sechs-Billionen-Marke. Besonders renditestark angelegt ist das Geld aber nicht, es liegt auf niedrig- oder unverzinsten Konten rum - aus falsch verstandenem Risikobewusstsein.
 

Risiken sind auch Chancen!


Denn Risiko setzen viele Sparer mit Verlust gleich, nie mit Chance. Dabei gibt es an der Börse jede Menge Chancen, vor allem langfristig. Der Dax beispielsweise, in dem die 30 nach Börsenwert größten deutschen Unternehmen notiert sind, hat in den vergangenen 30 Jahren eine jährliche Rendite von fast acht Prozent erwirtschaftet, allen Schwankungen, Krisen und Crashs zum Trotz. Wer Aktien kauft, beteiligt sich an einem Unternehmen, am Produktivvermögen und lässt sein Geld arbeiten. Eine sehr seriöse Anlageform, wenn Investoren auf solide Werte setzen.  Das spricht klar für Aktien.

Natürlich sollten Anleger nicht ihr ganzes Vermögen in Aktien investieren, aber ein Teil sollte es - je nach Risikoaffinität natürlich - schon sein. Nur so trotzen Investoren der Niedrigzinsphase. Wer mit einer nennenswerten Aktienquote seine durchschnittliche Rendite beispielsweise auf vier Prozent erhöht, der verdoppelt sein angelegtes Geld nämlich in 18 Jahren. Wenn das keine Chance ist!

Doch wie starten? Fonds-Sparpläne sind ein guter Einstieg. Monat für Monat wird ein fester Betrag investiert, egal, ob es an der Börse gerade gut oder schlecht läuft. Langfristig zahlt sich das aus. Wer 30 Jahre lang 50 Euro - also insgesamt 18.000 Euro - in den Aktienmarkt gespart hat, kann sich über ein Vermögen von 70.000 Euro freuen, wie das Deutsche Aktieninstitut berechnet hat. Die Zahlen zeigen: Die Börse bietet langfristig großartige Chancen. Allerdings müssen Anleger nicht nur einen langen Atem mitbringen, sondern eben auch starke Nerven.
Vor Schwankungen müssen langfristig orientierte Anleger aber keine Angst haben. Riskant sind Aktien vor allem kurzfristig. Mit den Jahren schwindet das Risiko. Der Dax weist ab einer Haltedauer von etwa zwölf Jahren keine Verlustperiode mehr auf, wohl aber gute Renditen. In einzelnen, sehr schwachen Aktienjahren sieht es natürlich anders aus, aber diese Phasen können Anleger, die zehn oder mehr Jahre investieren, locker aussitzen. Wer langfristig investiert, braucht Verluste nicht mehr zu fürchten.

Apropos Verluste: Millionen Deutsche spielen Woche für Woche oder doch zumindest monatlich Lotto - mit mehr oder weniger garantiertem Totalverlust und minimalen Gewinnchancen. Aber die Börse scheuen sie. Für eine überzeugte Börsianerin kaum nachzuvollziehen. Warum nicht das Geld für den Lottoschein in einen Sparvertrag stecken? Das geht übrigens bei vielen Banken und Onlinebrokern schon ab 25 Euro. Womit auch widerlegt ist, dass die Börse nur etwas für Reiche ist. Trauen Sie sich! Haben Sie keine Angst vor Aktien! Der Gewinn ist nicht garantiert, aber sehr, sehr wahrscheinlich.

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