Erfolgreich in ETFs investieren

Indexfonds oder ETFs sind eine der beliebtesten Anlageklassen. Deren Komplexität am Markt nimmt rapide zu. Anleger müssen also genau schauen, auf welche Produkte sie setzen.
Illustration: Dorothea Pluta
Illustration: Dorothea Pluta
Julia Thiem Redaktion

Ein Mann Namens John C. Bogle hatte in den Siebzigern eine einfache und doch geniale Idee: Was, wenn Anleger nicht die Nadel im Heuhaufen, also die eine spezielle Aktie kaufen müssten, die mit ihrer Wertentwicklung für Wohlstand sorgt - sondern gleich den ganzen Heuhaufen kaufen könnten? Der Gedanke: Jeder Anleger könnte so mit geringem Kapitalaufwand die Erkenntnis von Nobelpreisträger Harry M. Markowitz umsetzen, dass eine breite Streuung Sicherheit mit Rendite verbindet.

Als Bogle mit seiner 1975 gegründeten Investmentgesellschaft Vanguard den ersten Indexfonds auflegte, erntete er zunächst Häme aus der Branche und Skepsis von den Anlegern. Doch er ließ sich nicht beirren. Und heute gehört Vanguard mit einem weltweit verwalteten Vermögen von über 3,5 Billionen US-Dollar zu den Schwergewichten der Branche und börsennotierte Indexfonds – Exchange Traded Funds oder, kurz: ETFs – zu den beliebtesten Anlageklassen überhaupt.

Professionelle Investoren setzen ebenso auf die ETFs wie Privatanleger. Der Siegeszug der börsengehandelten Indexfonds liegt wohl vor allem an ihrer Einfachheit. Statt wie bei Publikumsfonds sonst üblich, gibt es bei den ETFs keinen Fondsmanager, der einzelne Aktien auswählt und versucht mit dieser Selektion besser zu sein als der Wettbewerb oder der Markt. ETFs bilden möglichst genau einen Index nach – etwa den DAX, den amerikanischen S&P 500 oder den MSCI World. Daher werden sie auch oft als passive Produkte bezeichnet. Sie werden außerdem täglich an der Börse gehandelt, weshalb sie äußerst liquide, leicht zu veräußernde Anlagevehikel sind. Gleichzeitig werden ETFs genauso streng reguliert wie klassische Fonds.

Ein weiteres Plus der ETFs ist ihre günstige Kostenstruktur. Verwaltungsgebühren von Fonds werden in der Regel mit weiteren Fixgebühren als Gesamtkostenquoten – auch Total Expense Ratio (TER) – zusammengefasst. Darin enthalten sind die Kosten für die Fondsgeschäftsführung, das Portfoliomanagement, Wirtschaftsprüfer und andere Betriebskosten. Da ETFs im Gegensatz zu klassischen Fonds nicht aktiv verwaltet werden, ist ihre Gesamtkostenquote deutlich niedriger als die der Publikumsfonds. Dass für ETFs überhaupt Verwaltungsgebühren anfallen, liegt an der Liquidität der jeweiligen Indizes. Ist die Liquidität hoch – etwa beim Dax oder dem MSCI World – ist die Gesamtkostenquote eines ETFs niedrig, häufig nahezu Null. Wer in weniger liquide Märkte investieren will – und hierzu zählen meist schon Schwellenländerindizes – muss mit höheren Verwaltungskosten rechnen, in der Regel um ein Prozent. Einen Gebührenunterschied macht auch die Wahl zwischen einem Aktien- oder Anleihen-ETF. Bei Letzteren ist die TER deutlich niedriger. Klassische Publikumsfonds haben eine Gesamtkostenquote zwischen ein und zwei Prozent, wobei je nach Marktplatz auch noch Ausgabeaufschläge zwischen drei und fünf Prozent zu entrichten sind, die bei ETFs komplett entfallen, da sie nicht bei einer Fondsgesellschaft, sondern direkt über die Börse gekauft werden.

Wie gefragt ETFs tatsächlich sind, zeigen Absatzzahlen der Ratingagentur Morningstar: Während im Jahr 2016 Investmentfonds 533 Milliarden US-Dollar an frischem Geld einsammeln konnten, lagen allein die Mittelzuflüsse beim ETF-Pionier Vanguard im vergangenen Jahr bei knapp 290 Milliarden US-Dollar. Das, so heißt es bei den Finanzanalytikern von  Morningstar, sage viel über den Zustand der aktiven Fondsindustrie und das wachsende Interesse an ETFs aus. Vermutlich ist das auch einer der Gründe warum sich mittlerweile so viele, für aktives Fondsmanagement bekannte Gesellschaften wie Legg Mason, Franklin Templeton oder Fidelity für einen Einstieg ins ETF-Geschäft entscheiden.

Bogle, heute 87 und eigentlich seit 15 Jahren im Ruhestand, sieht die Entwicklung der ETF-Brache hingegen skeptisch. Er forderte laut Financial Times sogar jüngst, dass Politiker ETFs stärker unter die Lupe nehmen sollten. Seine Kritik richtet sich gegen den exzessiven Handel mit ETFs, die teils häufiger den Besitzer wechseln als Aktien. Und auch von neuen Konstruktionen wie den sogenannten Smart-Beta-ETFs hält der Altmeister wenig. Für diese ‚smarten’ ETFs werden – vereinfacht ausgedrückt - Indizes neu interpretiert, vermeintlich intelligenter natürlich. Die Zusammensetzung der meisten großen, gängigen Indizes richtet sich nach der Marktkapitalisierung der einzelnen Werte im Index. Die Emittenten der Smart-Beta-ETFs verändern diese Gewichtungsmethoden hingegen. Laut Anbieter liegt der Vorteil darin, dass Schwergewichte der klassischen Indizes in den ‚smarten’ Indizes weniger Gewicht bekommen. Wenn also die im klassischen Index schwach gewichteten Werte eine Aufholjagd starten, profitieren die Smart-Beta-ETFs stärker als der Markt. Oder aber die Anbieter begrenzen die Gewichtung von Werten, die in der Vergangenheit durch hohe Schwankungen aufgefallen sind und reduzieren damit die Volatilität des Index und automatisch die des ETFs.

Genau hier liegt die Crux: Bogle hatte die Idee, eine einfache, breit gestreute, für jeden Anleger zugängliche Kapitalanlageform zu schaffen, die kostengünstig ist. Die neuen, hippen ETFs haben mit dieser Idee nur noch wenig zu tun. Wer vor allem auf kleine exotische Indizes setzt, erhöht das Risiko im Portfolio, und wer ETFs ständig kauft und verkauft und dabei versucht über Market-Timing Rendite zu erzielen, macht unterm Strich Verluste, wie nun drei deutsche Professoren und ein Kollege aus Hongkong in der Studie „Abusing ETFs“ belegen konnten.

Allerdings sollten Anleger auch bei der Auswahl der ETFs und der zugrundeliegenden Indizes genau hinschauen, denn die halten nicht immer, was sie versprechen. Der MSCI World beispielsweise hat eine sehr amerikanische Sicht auf die Welt, denn die USA sind mit rund 56 Prozent im Index vertreten. Wer zusätzlich noch einen ETF auf einen US-Index im Portfolio hat, kauft sich also schnell ein Klumpenrisiko ein – und das, obwohl eine breite Streuung das Ziel war. Bei aller Einfachheit der ETFs sollten Anleger also erst nachdenken und dann investieren. Wichtig ist, vor einem Engagement am ETF-Markt ein klares Investmentziel zu definieren, um dann genau zu schauen, mit welchen Produkten dies am besten zu erreichen ist.

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