Geld anlegen - aber wie?

Nur 13 Prozent der Deutschen halten Aktien. Die meisten lassen ihr Vermögen auf Tagesgeldkonten liegen - und verlieren dabei viel Geld.
Geldanlage
Illustration: Nanna Prieler
Mirko Heinemann Redaktion

Zwei Billionen Euro, das sind zweitausend Milliarden Euro. Das ist etwa der Betrag, den deutsche Sparer derzeit auf Giro- , Tagesgeldkonten oder Sparbüchern geparkt haben. Die meisten lassen ihr Geld aus Ratlosigkeit dort liegen. Sie haben einfach keine Idee, was sie damit anstellen sollen.


Wie wäre es mit Aktien? Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Aktieninstituts DAI und der Börse Stuttgart sind die Deutschen skeptisch gegenüber dieser Anlageklasse: 55 Prozent der Befragten würden von einem fiktiven Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro und bei einem Anlagehorizont von 25 Jahren keinen einzigen Cent in Aktien oder Aktienfonds investieren. Ursache sei „eine Reihe von folgenschweren Fehleinschätzungen zur Aktienanlage“, so die Studienautoren. Besonders hartnäckig halten sich demnach die Vorurteile, dass die Aktienanlage gute wirtschaftliche Kenntnisse voraussetzt (74 Prozent der Befragten), bei kleineren Anlagebeträgen nicht sinnvoll ist (55 Prozent), nicht einfach ist (50 Prozent) sowie unsicher und riskant ist (44 Prozent).


Ein großer Fehler: Denn Geld auf Giro- und Tagesgeldkonten verliert quasi täglich an Wert. Ein Beispiel: Wer 50.000 Euro auf seinem Tagesgeldkonto parkt, erhält darauf vielleicht ein halbes Prozent Zinsen, oft weniger. Diese 250 Euro Ertrag pro Jahr liegen zwar noch im Sparerfreibetrag, gibt es aber noch andere Kapitaleinkünfte, die über 801 Euro pro Jahr hinausgehen, werden sie auch noch besteuert.


Dagegen spielt die Inflation, also die Teuerungsrate. Die liegt zwar in der Eurozone offiziell nahe bei Null, aber vor allem wegen der drastisch gesunkenen Energiepreise. Nimmt man die so genannte Kernrate, die schwankungsanfällige Güter wie Energie und Nahrungsmittel ausklammert und den grundlegenden Preistrend wiedergibt, tendiert sie hingegen zu 0,9 Prozent (September), also schon deutlich über dem Tagesgeldzins. Das geparkte Geld verliert also schon an Wert. Die Europäische Zentralbank möchte mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent erreichen. Der Realverlust für Tagesgeldsparer würde dann 1,5 Prozent betragen, bei unserem Beispiel würden Sparer 750 Euro pro Jahr verlieren.


Dieses Geld könnte man fraglos besser anlegen. Nach Erhebung des DAI würden dies auch 45 Prozent der Befragten gerne langfristig tun. Das sind immerhin mehr als drei Mal so viele, als jetzt bereits Aktien besitzen. Laut DAI-Zahlen sind das 8,4 Millionen Deutsche, also 13,1 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre. Zum Vergleich: In den benachbarten Niederlanden sind 30 Prozent der Bevölkerung in Aktien investiert, in den USA und Japan sieht das ähnlich aus.

 

»Der Anlagehorizont ist eine der wichtigsten Fragen bei der Geldanlage.«

 

Wer der Niedrigzinsfalle entkommen will, der sieht sich zunächst einem riesigen Angebot gegenüber. Wo investieren? Grundsätzlich kann man festhalten: Über die klassischen Zinsprodukte wie das Sparbuch, Anleihen, Tagesgeld oder Festgeld hinaus besteht die Möglichkeit in Realwerte zu investieren, mit der Hoffnung auf eine höhere Rendite. Aktien, Fonds, Immobilien oder Edelmetalle wie Gold wären die Wahl. Danach kämen komplexere Finanzprodukte, etwa die Derivate, die zum Teil hoch spekulativ sind, dafür aber hohe Renditechancen bieten. Überdies besteht die Möglichkeit, in Unternehmensanleihen zu investieren oder am so genannten Crowdinvesting teilzunehmen, sich also an einer Firma zu beteiligen. Letztere Option bieten meist junge Unternehmen oder Start-ups an.  


Grundsätzlich gilt: Geld, das man anlegen möchte, sollte im Alltag keine Rolle spielen. Der Anlagehorizont ist demnach eine der wichtigsten Fragen bei der Geldanlage. Wie lange kann man auf das Geld verzichten? Welche Rendite möchte man am Ende des Anlagezeitraums erzielen? Wie flexibel ist das Ende des Anlagezeitraums? Und, nicht zuletzt: Wie ist es um das Nervenkostüm bestellt? Ist man mental in der Lage, zwischenzeitlich auch Verluste wegzustecken, ohne in Panik zu verfallen? Grundsätzlich gilt: Je höher die Renditen, die man erwarten kann, desto höher das Risiko.


Wer mit Aktien handelt, sollte sich stets bewusst sein, dass deren Wertentwicklung an den Börsen nicht ihren wahren Wert widerspiegelt, sondern die Erwartung der Masse an deren zukünftige Entwicklung. Nun ist kaum eine Branche derart trendanfällig wie die Finanzbranche. Je höher etwa die Aktienkurse steigen, desto mehr springen auf den Zug auf und kaufen sich ein. Das sind in der Regel dieselben, die schnell wieder abspringen, sobald die Kurse eine Korrektur vollziehen. Die Folge ist eine hohe Volatilität an den Aktienmärkten, die an den Nerven der langfristig orientierten Anleger zerrt.


Wie nervös die Märkte derzeit sind, zeigte sich im Sommer bei der Abwertung der chinesischen Währung Renminbi. Die Furcht vor einem Einbruch der Gesamtwirtschaft griff um sich, Furcht wurde zur Panik, zunächst in China, dann weltweit. Wie ein Flächenbrand griff die Panik auf die Börsen in Tokio, Frankfurt, New York über. Auf einen Dunklen Donnerstag folgte ein Schwarzer Freitag, auf den wiederum ein „Panic Monday“. Binnen Tagen musste der deutsche Aktienindex Dax die Gewinne eines ganzen Jahres abgeben.  


Die Märkte haben eben ihre eigenen Gesetze. Wer glaubt sie einschätzen zu können, wird früher oder später seine Enttäuschung erleben. Das „dennoch“ ist wichtig. Wer langfristig in Aktien investiert, erzielt statistisch gesehen eine hohe Rendite. Laut deutschem Fondsverband BVI kann, wer beispielsweise 20 Jahre lang monatlich 100 Euro in einen Fonds mit deutschen Aktien spart, auf ein Vermögen von 45.542 Euro kommen. Eingezahlt wurden aber nur 24.000 Euro. Das wäre eine jährliche Rendite von sechs Prozent.


Fonds oder Fondssparpläne sind wohl eine der interessantesten Investitionsmöglichkeiten für Langfristsparer. Mit dem Tagesgeschäft müssen sie sich nicht herumschlagen, weil der Fonds von Experten gemanagt wird. Dennoch müssen auch sie mit kurzfristigen Einbrüchen rechnen. Der Anlagehorizont sollte daher nicht aufs Jahr genau festgelegt werden. Zudem raten Experten Fondsparern, ihr Depot nicht täglich anzuschauen. Wer sich noch weiter wagt, kann auch spekulieren – mit Aktien oder den so genannten Derivaten. Diese Finanzprodukte bilden Kursentwicklungen ihrer Basiswerte ab. Manche sogar rückwärts. So kann man auch in Zeiten fallender Kurse Renditen erzielen. Hier gilt besonders: Immer die Risiken im Auge behalten!

 

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