Digitaler Mittelstand

Im Mittelstand stehen strategische Weichenstellungen für das digitale Zeitalter an.
Illustration: Sören Kunz
Lars Klaaßen Redaktion

Internet der Dinge, künstliche Intelligenz, vernetzte Produktion, Smart Homes – das sind die Zauberworte der digitalen Transformation. Große Unternehmen sind schon dabei, Produktion und Produkte mit künstlicher Intelligenz auszustatten –  alle Teile der Wertschöpfungskette sollen einmal Daten liefern. „Das digitale Zeitalter verändert die Art, wie wir wirtschaften“, sagt Franz Büllingen, Leiter der Mittelstand-Digital-Begleitforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. „Auch kleine und mittlere Betriebe sollten daher die Notwendigkeit für strategische Weichenstellungen für das digitale Zeitalter erkennen.“ Eine Chance in der digitalen Transformation sehen laut einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitcom 90 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen. 80 Prozent der Befragten sind sogar der Auffassung, Unternehmen würden untergehen, wenn sie sich der Digitalisierung verweigerten.

 

In seinem Segment Manmade Fibers hat der Maschinen- und Anlagenbauer Oerlikon eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die neue, digitale Geschäftsmodelle entwickelt. Fünf Mitarbeiter aus fünf Ländern, die sich ausschließlich mit Industrie 4.0 beschäftigen: Das Team namens „OMF 4.0“ sucht nach neuen, digitalen Geschäftsmodellen, die Kunden einen konkreten Mehrwert bieten. Die Elektroingenieure und Wirtschaftswissenschaftler sehen die neuen Geschäftsmodelle aktuell vor allem im Bereich innovativer Kundendienstleistungen. Von Hause aus verkauft das Unternehmen Maschinen und Anlagen für die Chemiefaser- und Vliesstoffproduktion. „Unsere Anlagensteuerung wird zunehmend intelligenter“, erläutert André Wissenberg, Leiter Marketing und Kommunikation, „mittlerweile gibt es Cloud-Lösungen, mit denen ich eine komplexe Anlage über mein Smartphone analysieren und steuern kann.“ Daran anknüpfend hat Oerlikon eine Fernwartung mittels Augmented-Reality-Brille entwickelt. Die Arbeit des „OMF 4.0“-Teams trägt also erste Früchte und weitere Projekte sind bereits angelaufen.


Viele KMU fragen sich: Welche Veränderungen an Produktion und Produkt sind unter technischen wie wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll und durchführbar? Der Leitfaden „Industrie 4.0“ weist ihnen den Weg. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie haben ihn mit Kollegen des wbk Instituts für Produktionstechnik, des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau und der TU Darmstadt entwickelt. „Zunächst identifizierten firmeninterne und externe Experten gemeinsam vielversprechende Anwendungen im jeweiligen Unternehmen“, so wbk-Ingenieurin Nicole Stricker. Der Leitfaden gebe dabei keine Liste möglicher Lösungen vor, sondern enthalte einen Werkzeugkasten, um den „gewaltigen Themenblock Industrie 4.0 in handhabbare Stücke zu packen“. Dabei werden zwei Teilbereiche unterschieden und schrittweise analysiert: Produktion und Produkte. Zum ersten gehören etwa die Datenverarbeitung, die unternehmensweite Vernetzung der Produktion oder die Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Zum zweiten die Integration von Sensoren zur Datenerhebung, IT-Dienste zur Verarbeitung derselben und sich daraus ergebende neue Geschäftsmodelle. Ideen zur Umsetzung schließlich werden in Workshops zusammen entwickelt.

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