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Die Digitalisierung der industriellen Produktion gilt als einer der wichtigsten Innovationsfaktoren für die deutsche Wirtschaft.
Maschinen Industrie
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Osia Katsidou Redaktion

Im oberpfälzischen Amberg, etwa 70 Kilometer entfernt von Nürnberg, ist die Zukunft zu besichtigen. Jedenfalls, wenn die Zukunft der industriellen Fertigung gemeint ist. In Amberg produziert Siemens Steuerungselemente für Maschinen, wie sie in Autowaschstraßen, Wasserkraftwerken, Abfüllanlagen oder Skiliften zum Einsatz kommen. Und dies in einer Art und Weise, wie man es vor kurzem noch nicht für möglich gehalten hätte: 16 Fertigungslinien setzten rund um die Uhr drei Milliarden Bauteile zu 1000 Produkten zusammen, jede Sekunde verlässt ein fertiges Produkt die Halle.
 

Die Siemens-Fabrik ist das, was man eine Smart Factory oder digitale Fabrik nennt, eine Fertigungshalle, in der Maschinen digital und hochgradig miteinander vernetzt sind. Dadurch wird der gesamte Produktionsprozess bis ins kleinste Detail hinein steuerbar. Bauteile sind mit Sensoren ausgestattet und können regelrecht mit den Maschinen, die sie bearbeiten, kommunizieren. Die Temperatur von Millionen Lötpunkten, der Drehwinkel von Millionen Schrauben, die Beschaffenheit jedes Bauteils – all das lässt sich im Computer abbilden. 
 

Vor kurzem war Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Besuch in Amberg, um sich zu überzeugen, wie gut all dies tatsächlich funktioniert. Denn noch ist die Digitalisierung der Industrieproduktion, besser bekannt unter dem inzwischen fast allgegenwärtigen Schlagwort „Industrie 4.0“, ein Zukunftsthema. Eine „Aufgabe“, wie es Merkel in einem Videopodcast Ende Februar betonte, etwas, woran „mit Nachdruck gearbeitet werde“, weil es „für unseren Wohlstand von entscheidender Bedeutung“ sei. 
 

Den wirtschaftspolitischen Rahmen für das Gesamtprojekt Industrie 4.0 sollen feste Normen und Standards bereiten. Angestoßen wurde eine Digitalplattform unter Leitung des Verbändeverbundes bestehend aus BITKOM (Information und Telekommunikation), VDMA (Maschinen- und Anlagenbau) und ZVEI (Elektroindustrie). Die Verbände kümmern sich gemeinsam um die Entwicklung einer universellen Digital-Sprache, um verschiedensten Branchen innerhalb der Industrie die Kommunikation und Kooperation zu erleichtern. Sie geht demnächst in die „Plattform Industrie 4.0“ über und wird dann vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geführt. 
 

Im globalen Vergleich muss sich Deutschland sputen, um vor allem die Entwicklungen in den USA und China einzuholen. Dazu sollte insbesondere der deutsche, stark traditionsmotivierte Mittelstand überzeugt werden, sich an die Digitalisierung zu wagen. Denn intelligente Systeme und automatisierte Prozesse bringen den Unternehmen höhere Effizienz, bessere Produktqualität und geringere Kosten. 
 

Doch einige der Ängste, die Klein- und Mittelunternehmer hierzulande zögern lassen, sind nicht unbegründet: Zwar birgt die Vernetzung von Produktionsanlagen untereinander und mit dem Internet – also das „Internet der Dinge“ – für das produzierende Gewerbe viel Potenzial, denn miteinander kommunizierende Geräte sollen nicht nur schneller fertigen, sie machen dabei vor allem weniger Fehler. Doch sie arbeiten auch auf Grundlage vieler, potenziell einsehbarer Daten. 
 

Die Kanzerlin jedenfalls kommentierte ihr Erstaunen über die autonome Produktion in Amberg mit den interessanten Worten: „Ich hoffe, die Maschinen sind brav und machen keinen Unsinn.”

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