Digitalisierung und Big Data in der Produktion

Welche Innovationspotenziale die vernetzte Produktionswelt bereithält und welche Rolle der deutsche Mittelstand dabei spielt, verrät Dr. Christof Bönsch, Geschäftsführer der Komet Group, im Interview.
Dr. Christof Boensch
Dr. Christof Boensch
KOMET GROUP GmbH Beitrag

Welchen Einfluss hat die zunehmende Digitalisierung auf die Produktion?

 

Industrie 4.0 wird als vierte industrielle Entwicklungsstufe die Produktion nachhaltig verändern. Im Zuge der  Erschließung neuer Wertschöpfungspotenziale kann Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit und sein Innovationspotenzial im internationalen Standortwettbewerb sichern. Aber die Verunsicherung ist groß. Denn den zahlreichen, mit Marketing-Erwartungen überzogenen Begrifflichkeiten wie Cloud Computing, Cyber-Physical-Systems, Digitalisierung, Embedded Systems, Internet der Dinge, Machine-to-Machine-Kommunikation mangelt es an entsprechender Abgrenzung und allzu häufig auch an Praxisbezug. 

 

Wo liegen aus Ihrer Sicht die Chancen einer digitalisierten Produktion?  

 

Auf der Lösungsebene geht es um die intelligente Produktion, denn bereits vor dem  Produktionsprozess werden individuelle Kundenwünsche antizipiert und in Innovationen umgewandelt. Die sogenannte Smart Production zielt ab auf intelligente Produkte, Verfahren und Prozesse. Prozesse werden effizienter und verbrauchen weniger Ressourcen, wenn Maschinen miteinander intelligent verknüpft sind und kommunizieren. Ein zentrales Element der Produktion der Zukunft ist die Smart Factory. Die Smart Factory nutzt die Digitalisierung bis in die Prozessebene hinein und zeichnet sich bei jeden Schritt durch eine überragende Kundenorientierung aus. 

 

Kann der Mittelstand bei der vernetzten Produktion überhaupt mithalten?

 

Branchen wie Automobil, Maschinenbau oder Elektrotechnik sind sicherlich die Treiber der Smart Production. Während die Großunternehmen offensiv ihre Ansätze kommunizieren, arbeitet der deutsche Mittelstand eher im Verborgenen. Gerade mittelständische Unternehmen vertrauen auf ihren Erfindergeist und mit ihrem Technologiepotenzial und Know-how werden sie die Digitalisierung der Produktion maßgeblich voranbringen. Zu beachten ist allerdings, dass die Einstiegsbarrieren in der digitalen Welt üblicherweise deutlich geringer sind als in unserer traditionellen Produktwelt. Das heißt, dass auch neue Marktteilnehmer mit neuen Geschäftsmodellen in den Markt eindringen werden. Dieses Risiko müssen wir Mittelständler ständig beachten.

 

Was würden Sie anderen Mittelständlern empfehlen? 

 

Man muss sich den Herausforderungen der Zukunft stellen und Freiräume für Kreativität zulassen, ohne dabei alles auf eine Karte zu setzen. Wir greifen Impulse auf, die wir nutzen können, um Geld zu verdienen und marschieren nicht immer vorweg, sondern folgen eher einer „Smart-Follower-Strategie“. Trotzdem sollte man aufmerksam prüfen, ob das eigene Geschäftsmodell auch morgen noch trägt, denn es können durch Industrie 4.0 völlig neue Wettbewerber entstehen. Wir setzen bei Komet verstärkt auf eine Teilnahme an gemeinsamen Projekten von Wissenschaft und anderen Unternehmen. Als Unternehmen kann man aus einer solchen Zusammenarbeit wichtige Impulse mitnehmen, denn in Zeiten der Vernetzung werden Einzellösungen kaum Akzeptanz finden. Impulse setzen wir auch mit unserer jährlich stattfindenden Expertenveranstaltung „Ideen-Forum“. So werden wir im Juni gemeinsam mit ausgewählten Experten das „Potenzial generativer Fertigungsverfahren für die Supply Chain der Zukunft“ diskutieren. 

 

Dr. Christof Bönsch; Geschäftsführer Komet Group

 

www.kometgroup.com
www.ideen-forum.de

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