Der moderne Fuhrpark

Mittelständische Unternehmen stehen vor der Frage, wie sie ihren Fuhrpark nachhaltig und zukunftssicher aufstellen. Schon heute kann es sich lohnen, auf Elektromobilität umzusteigen.
Fuhrpark
Fuhrpark
Klaus Lüber Redaktion

Michael Schweizer ist Manager South Germany der Deutschen Schifffahrts-Agentur GmbH (DSA), einem mittelständischen Unternehmen aus Vaihingen bei Stuttgart. Für Dienstfahrten steht ihm ein Sharan mit Dieselmotor zu Verfügung. Doch diesen nutzt er kaum noch, seit seine Firma ihren Fuhrpark um Elektroautos erweitert hat. Schweizer fährt nun viel lieber mit dem elektrisch betriebenen BMW i3 bei Geschäftsterminen vor. „Es ist schon ein gutes Gefühl, keine Umweltgifte mehr zu produzieren.“ 

 

Möglich macht das ein Konzept namens Shared-E-Fleet, das es neben der DSA noch weiteren Unternehmen möglich macht, auf die Elektroautos zuzugreifen; allesamt sind Mieter im STEP Stuttgarter Engineering Park. Dort betreibt das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO das sogenannte Business Carsharing seit Juni 2014 im Testbetrieb. „Aufgrund der hohen Anschaffungskosten ist eine wirtschaftliche Nutzung von Elektrofahrzeugen nur durch das Teilen einer Flotte unter mehreren Unternehmen möglich – und dann ist auch der Break-Even schneller erreicht“, erklärt Norman Natzke, Leiter Produktion bei Carano Software Solutions und Gesamtprojektleiter von Shared-E-Fleet.

 

Nun muss, wer seinen Fuhrpark modernisieren will, nicht zwangsläufig auf Elektrofahrzeuge umstellen. Entscheidend sei, so empfehlen es Verbände wie der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), zunächst eine genaue Analyse des Ist-Zustandes: Wie viele Fahrzeuge welcher Größe, Antriebsart, Motorisierung, Ausstattung und welchen Alters sind überhaupt im Einsatz? Und welche versteckten Kosten fallen an, die über die Ausgaben für den Kauf und Unterhalt der Fahrzeuge und die Ausgaben für Geschäftsreisen hinausgehen - etwa die Reisezeit, die nicht zur Arbeit genutzt werden kann. Diese so genannten Opportunitätskosten lägen, so der VCD in seinem „Leitfaden Effizienter Fuhrpark“ bisweilen deutlich über den reinen Mobilitätskosten.

 

Beim Fahrzeugkauf gilt die Regel: nur so groß wie nötig. Dazu sollte das Einsatzprofil genau definiert sein: Wofür wird der Wagen überwiegend benötigt? Wo wird das Fahrzeug überwiegend eingesetzt? Wie sehen die täglichen Touren aus? Wie viele Kilometer legt der Wagen im Schnitt pro Jahr zurück? Danach richtet sich dann auch die Entscheidung über die individuelle Antriebsart. Aufgrund seines hohen Drehmoments und des niedrigeren Verbrauchs ist der Diesel nach wie vor die bevorzugte Antriebsart für gewerblich genutzte Fahrzeuge, vor allem für Transporter. Für Pkw und kleinere Stadtlieferwagen ist mittlerweile auch Erdgas eine gute Alternative, besonders aufgrund des geringeren Kraftstoffpreises: Erdgas ist nach wie vor steuerbegünstigt.

 

Wer mit seinem Fuhrpark viel im innerstädtischen Verkehr unterwegs ist, für den kann auch die Anschaffung von Hybridfahrzeugen sinnvoll sein, eine Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor. Bei der Beschleunigung unterstützt der Elektroantrieb, so verbrauchen die Wagen im Stop-and-Go deutlich weniger Sprit als reine Benziner.

»Der moderne Fuhrpark muss auch professionell gemanagt werden.«

Als ein weiterer wichtiger Bereich mit großem Optimierungspotenzial gilt die Organisation der einzelnen Routen. Moderne IT-Systeme machen es nicht nur möglich, wie im Fall von Business Carsharing-Konzepten, ganze Fahrzeugflotten gemeinschaftlich zu nutzen, sondern auch die Fahrten selbst dynamisch an die individuellen Bedürfnisse des Reisenden anzupassen. Eventuell ist es gar nicht sinnvoll, den ganzen Weg im Pkw zurückzulegen, wenn man mit einer Bahnfahrt und einer anschließenden Mietwagenbuchung erheblich schneller und stressfreier ans Ziel kommt. Intermodalität wird dieser aus der Logistik stammende intelligente Wechsel von Verkehrsträgern genannt. Damit das Konzept auch für den Personenverkehr funktioniert und ein reibungsloser Switch zwischen Bahn, Mietwagen und öffentlichem Nahverkehr möglich wird, vernetzen Cloud-basierte Systeme die intelligente Technik: E-Autos (Smart Cars) mit Energieversorgungs- (Smart Grid) und Verkehrssteuerungssystemen (Smart Traffic).

 

Nun mögen Kritiker einwenden: Intermodalität und Business Carsharing sind sicherlich zukunftsträchtige Modelle – aber für die Masse der Unternehmen doch im Augenblick noch nicht wirklich relevant. Welcher mittelständischer Unternehmer hat schon den Nerv, mit neuen IT-Systemen zu experimentieren, die sich in vielen Fällen erst in der Testphase befinden? Und auch das vielgelobte Shared-E-Fleet Modell funktioniert im Augenblick nur deswegen so gut, weil man sich als Modellstandorte Technologieparks und Behörden ausgesucht hat. Aber wie ist die Situation für den durchschnittlichen, infrastrukturell weniger optimal vernetzten deutschen Mittelständler? Lohnt sich auch hier die elektromobile Modernisierung des Fuhrparks?

 

Genau dieser Frage ging die aktuelle Studie „Elektromobilität im Wirtschaftsverkehr“ des Öko-Institutes und des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. nach – mit einem durchaus überraschenden Ergebnis. Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderte Untersuchung sieht für den Mittelstand bereits heute ein großes Wirtschaftlichkeitspotenzial. Bei hohen Jahresfahrleistungen und langer Haltedauer können elektrisch betriebene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) deutliche Vorteile gegenüber konventionellen Fahrzeugen ausspielen. Schwieriger sieht die Situation im Bereich schwerer Nutzfahrzeuge aus. Hier sehen die Experten, bedingt durch die höheren Anforderungen an die Batteriekapazität und den deutlich höheren spezifischen Batteriepreisen, kurzfristig noch keine Möglichkeit des wirtschaftlichen Betriebes.

 

Allerdings macht die Studie auch klar: Moderne, elektromobile Fuhrparks sind nur dann realistisch, wenn die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen stimmen. Finanzielle Sonderanreize seien für die Stärkung einer grünen Logistik weiterhin nötig. Erst sie würden die Elektromobilität signifikant wirtschaftlicher machen. Insbesondere der Möglichkeit der steuerlichen Abschreibung über die sogenannte Absetzung für Abnutzung (AfA) messen die Experten einen hohen Stellenwert zu. Angesichts der – im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen – höheren Investitionskosten für Elektrofahrzeuge können für diese höhere Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Nach den Vorschlägen der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) sollte es möglich sein, 50 Prozent der Anschaffungskosten im ersten Jahr abzuschreiben. Ob eine solche Sonder-AfA für Elektrofahrzeuge tatsächlich realisiert wird, ist noch unklar.

 

Trotz aller Möglichkeiten, die das Zukunftsthema Elektromobilität bereithält – bei vielen KMU laufe es immer noch so: „Die Dienstwagen der Mitarbeiter sucht der Chef noch selbst aus, geleast werden sie beim immer gleichen Autohändler nebenan, die Sekretärin kümmert sich um Schadensmeldungen bei der Kfz-Versicherung und heftet Tankquittungen ab“, fasst ein Anbieter von Fuhrparkmanagement-Systemen auf seiner Website die aktuelle Situation zusammen. Der moderne Fuhrpark, mit anderen Worten, ist zunächst derjenige, der auch professionell gemanagt wird – unabhängig davon, wie viele
E-Mo
bile bereits für die Firmenflotte bereit stehen. 

Erster Artikel
Technologie
Juni 2023
Illustration: Danae Diaz
Redaktion

Dienstlich unter Strom

Auch bei den Flottenmanagern kommt die Elektromobilität langsam an. Dabei stellt sich heraus: Das Image der Fahrzeuge spielt auch hier eine wesentliche Rolle.