Erfolgsmodell Energieeffizienz

Intelligente Energiemanagementsysteme helfen Unternehmen, ihren Energieverbrauch zu reduzieren. Ein besonders hohes Einsparpotenzial bietet moderne Heiztechnologie.
Illu-Energieeffizienz
Illustration: Ivonne Schulze
Axel Novak Redaktion

Eingerahmt von Fulda und Becherbach schmiegt sich Schloss Eichhof in die schöne Landschaft. Unweit von Bad Hersfeld sitzt der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), eine Informations- und Weiterbildungseinrichtung des Landes. Mit seinen vielen Ställen, Werkstätten, Laboren, Verwaltungs- und Wohngebäuden wirkt das LLH wie ein Dorf – zumindest, was den Bedarf an Energie betrifft.

 

Diese Ähnlichkeit reicht den Wissenschaftlern des Kasseler Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik, um zu untersuchen, wie sich ein intelligentes Energiemanagement auf den Energieverbrauch des Betriebs auswirkt. Wie viel Potenzial steckt wirklich in Systemen, die den gesamten Energiefluss einer Einrichtung analysieren, kontrollieren und steuern – Schrotmühle, Güllepumpe, Rührwerke oder Fernseher, Biogas- und  Photovoltaik-Anlagen? „Über eine gezielte Steuerung auch vergleichsweise kleiner Verbraucher kann man viel erreichen“, sagt Projektbetreuer Jan Ringelstein. Mit dem Energiemanagementsystem konnten die Wissenschaftler allein die Gesamtenergiekosten um rund sieben Prozent drücken. 

 

Dahinter steckt die simple Idee, dass die günstigste Energie immer noch die ist, die nicht verbraucht wird. Städte und Gemeinden sanieren daher Schulen, dämmen Rathausdächer und rüsten Universitäten und Krankenhäuser mit modernster Technik aus. Auch Unternehmen lassen mit intelligenter Software den Verbrauch ihrer Anlagen steuern. Der bayerische Mittelständler Bauer zum Beispiel konnte seinen Energieverbrauch um 32 Prozent verringern, indem er systematisch Energieeffizienzpotenziale nutzte. Dafür wurde Bauer von der Deutschen Energie-Agentur (dena) ausgezeichnet. „Die Preisträger des Energy Efficiency Award zeigen: Investitionen in Energieeffizienz zahlen sich aus“, sagte Andreas Kuhlmann, Geschäftsführer, bei der Preisverleihung in Berlin. „Kapitalrenditen von über 20 Prozent sind ein Beleg dafür – so funktioniert angewandte Energiewende, so wird Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe zum Erfolgsmodell.“

 

ENERGIEFLÜSSE  KONTROLLIEREN

 

Doch noch sind solche Unternehmen die Ausnahme. 85 Prozent der Betriebe aus Industrie und produzierendem Gewerbe verfügen bisher weder über ein zertifiziertes noch ein nicht-zertifiziertes Energiemanagement, stellte die dena vor einiger Zeit fest. In Zeiten niedriger Energiepreise mag der Drang zum Strom- und Heizkostensparen geringer ausfallen. Zudem ist die Materie komplex und verlangt nicht zu guter Letzt hohe Investitionen. 

 

Unternehmen müssen sich mit der Energieeffizienz auseinandersetzen. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile eine Pflicht zur Energieeffizienz: das Energiedienstleistungsgesetz verpflichtet Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten oder einem Umsatz über 50 Millionen Euro, bis Anfang Dezember 2015 ein Energieaudit durchgeführt zu haben. Neu ist, dass nicht nur Industrie und Handwerk, sondern auch Dienstleister handeln müssen. Bis zu 70.000 Unternehmen könnten von dieser Verpflichtung betroffen sein – außer sie verfügen schon über ein Energiemanagementsystem. 

 

Solche Systeme betrachten den gesamten Energiefluss in einem Unternehmen. Dabei zeigt sich schon in der Planungshase, dass neben den Produktionsprozessen in der Industrie vor allem ein Bereich besonders hohes Einsparpotenzial bietet: Heizung und Kühlung von Immobilien. Ob Büro, Werkstatt, Atelier oder Wohnung, Gebäude sind weltweit für rund ein Drittel des Energieverbrauchs und etwa 21 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Moderne Technik könnte ihren Energieverbrauch um bis zu einem Drittel reduzieren. 

 

INVESTITIONEN, DIE SICH AUSZAHLEN

 

Bei kleinen Unternehmen hilft oftmals bereits die Sanierung von Heizungs- und Warmwasseranlagen, um Kosten zu senken und Energie besser einzusetzen. Größeren Unternehmen helfen intelligente Gebäudeautomatisierungssysteme. Sie verringern durch die automatische Steuerung der Haustechnik den Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden um bis zu 20 Prozent – zum Beispiel durch Lüftungs- und Klimasysteme mit einer intelligenten Wärmerückgewinnung. Oder moderne Brennwertheizkessel. Blockheizkraftwerke (BHKW) haben einen Wirkungsgrad von bis zu 95 Prozent. Sie erzeugen Strom und verwerten gleichzeitig die anfallende Wärme. Werden die Immobilien noch durch Wärmepumpen und Flächenheizungen für Solarthermie fit gemacht, können regenerative Energien sehr viel effizienter integriert werden. Betriebliche Energiemanagementsysteme steuern sämtliche Komponenten  in einem Unternehmen und regeln Verbräuche und Lasten nach Bedarf und Preis.

 

Solche Systeme erfordern hohe Investitionen, die viele Unternehmen und öffentliche Auftraggeber abschrecken. Mittlerweile gibt es jedoch eine ganze Reihe von intelligenten Finanzierungslösungen, die weit über den klassischen Bankkredit hinausreichen. Für größere Unternehmen eignet sich eventuell sogar das Energiespar-Contracting. Dabei wird zum Beispiel für die Gebäudetechnik eine Einsparsumme vertraglich garantiert. Der Vertragspartner trägt die Investitionskosten und lässt sich aus dem eingesparten Kapital bezahlen.

 

Das politische Ziel der höheren Energieeffizienz flankiert die Bundesregierung zudem durch finanzielle Förderung. Über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bezuschusst sie eine ganze Reihe von Maßnahmen rund um Energiemanagementsysteme. Und natürlich spielt der Faktor Zeit eine große Rolle: Viele Unternehmen erwarten, dass sich Investitionen in Gebäude, Infrastruktur und Maschinen in zwei bis fünf Jahren rechnen. Das ist für viele Energieeffizienzprojekte ein viel zu kurzer Zeitraum. Betrachten Unternehmen über Total Cost of Ownership-Verfahren nicht nur die Anschaffung, sondern auch die spätere Nutzung, dann erweist sich manch vermeintlich teure effiziente Steuerung von Energie als sehr rentabel.

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