Neue Wege zur Alzheimertherapie

Bisher wirken Alzheimermedikamente nur schwach und vorübergehend. Probiodrug arbeitet an einem neuen Ansatz, der direkt in die Pathologie der Krankheit eingreift.
Dr. Inge Lues
Dr. Inge Lues; Entwicklungsvorstand; Probiodrug AG
Probiodrug AG Beitrag

Bis heute sind nur wenige Medikamente gegen Alzheimer verfügbar und auch die sind nur schwach und vorübergehend wirksam, da sie ausschließlich symptomatisch wirken, nicht aber in die Pathologie der Erkrankung eingreifen. Der Bedarf an verbesserten Medikamenten ist deshalb enorm hoch. Wissenschaftler von Probiodrug, einer Biotech-Firma in Halle/Saale, verfolgen seit 2004 einen neuen therapeutischen Ansatz, der die dem klinischen Bild zugrunde liegenden pathologischen Prozesse aufhalten soll. Das Konzept baut eng auf dem derzeitigen Stand des Wissens zur Entwicklung und Ausprägung der Alzheimer Pathologie auf, wie man sie heute mit geeigneten Methoden darstellen und verfolgen kann.

Alois Alzheimer hatte 1907 in Hirnschnitten von einer an Alzheimer verstorbenen Patientin neben einer Schrumpfung des Gehirns auffällige Ablagerungen beschrieben, und zwar zwei verschiedene Arten, die – wie wir heute wissen – aus zwei unterschiedlichen Eiweißstoffen bestehen: Amyloid Beta (Plaques) und Tau (Fibrillen). Die wissenschaftliche Forschung hat nun gezeigt, dass diese Ablagerungen aber nicht Auslöser der Erkrankung sind, sondern erst in deren Verlauf auftreten. Ein Meilenstein bei der weiteren Aufklärung des pathologischen Geschehens ist die neuere Erkenntnis, dass Vorstufen der Eiweißablagerungen – kleine, noch lösliche Aggregate der Eiweißmoleküle, sogenannte Oligomere – den pathologischen Prozess wesentlich treiben.

Bestimmte Oligomere aus dem Eiweißstoff Amyloid Beta sind besonders schädigend für die Funktion der Nervenzellen. Sie beeinträchtigen die wichtigen Kommunikationswege zwischen den Nervenzellen, indem sie die Synapsen, also die Kontaktstellen der Nervenzellen, deren Plastizität Grundlage für die Speicherung von Erinnerungen sind, schädigen.

Probiodrug hat nun eine wichtige modifizierte Amyloid Beta-Variante entdeckt – das sogenannte pyroglutamyl Amyloid Beta (pGlu-Abeta) – die die Entstehung von besonders hirn-toxischen Oligomeren auslöst und vorantreibt. Auf Basis umfassender präklinischer Forschung hat Probio-drug mit der Arzneimittelentwicklung zweier komplementärer  therapeutischer Ansätze begonnen, die auf das toxische Molekül pGlu-Abeta abzielen. Zum einen entwickelt Probio-drug einen Wirkstoff, der über die Hemmung eines Enzyms, genannt Glutaminylcyclase, die Bildung des schädlichen pGlu-Abeta Moleküls unterbindet und damit einen kritischen Schritt zur Schädigung der Synapsen unterbricht. Zum anderen besteht ein weiterer Ansatz in einer passiven Immunisierung. Das heißt, dass mittels eines Antikörpers, der selektiv gegen pGlu-Abeta gerichtet ist, der Abbau der schädlichen Moleküle befördert wird.  

Der Hemmstoff der Glutaminylcyclase, PQ912, ein kleines Molekül, das als Tablette eingenommen werden kann, befindet sich derzeit in einer ersten klinischen Untersuchung zur Verträglichkeit und Wirksamkeit an Alzheimerpatienten im frühen Stadium der Erkrankung. Bei positivem Ergebnis werden weitere vertiefende Studien folgen, um einen umfassenden Sicherheits- und Wirksamkeitsnachweis zu erbringen.

www.probiodrug.de

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