»Arbeitspause!«

Immer mehr Deutsche erheben Körperdaten mit Fitnesstrackern und Smartwatches. Sie motivieren zu mehr Gesundheitsbewusstsein.
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Illustration: Joaquin Castillo
Mirko Heinemann Redaktion

Florian Schumacher ist ein sogenannter Selftracker. Der 35-jährige Münchner benutzt seit mehreren Jahren digitale Fitnessarmbänder zur Bewegungsmessung. Er misst seinen Kalorienverbrauch, prüft, ob er regelmäßig Bewegung hat und ausreichend Sport treibt. Seit kurzem übernimmt eine Smartwatch diese Funktionen. Verschiedene Apps fordern ihn nach einem definierten Zeitraum zur „Arbeitspause“ auf, erinnern ihn daran, dass er seine Sitzhaltung am Schreibtisch ändert und loben ihn, wenn er einmal mehr Sport treibt als nötig. Außerdem überprüft Schumacher regelmäßig seinen Vitamin D-Haushalt. Gibt es Defizite, gleicht er sie über Nahrungsergänzungsmittel aus. 

 

„Ich möchte meine Leistungsfähigkeit optimieren, also die Voraussetzungen für das schaffen, was ich in meinem Leben erreichen möchte“, erklärt Schumacher. „Ich bemühe mich um körperliche Gesundheit, um Fitness, ausreichend Bewegung, Schlaf und gute Ernährung.“ Schumacher hat die deutsche „Quantified Self“ Bewegung gegründet, in der sich technikaffine Selftracker versammeln, um Möglichkeiten der Datenerhebung und Selbstoptimierung zu erörtern. 

 

Die Zahl der Möglichkeiten steigt, Daten über seinen Körper zu sammeln, sie zu analysieren und mit anderen Selftrackern oder mit der Empfehlung von Medizinern zu vergleichen. Auch die Zahl der Menschen, die diese Möglichkeiten wahrnehmen, nimmt rapide zu. Laut einer Erhebung des Digitalverbands Bitkom nutzen bereits  31 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren solche Fitness-Tracker zur Aufzeichnung von Gesundheitswerten: 18 Prozent nutzen Fitness-Armbänder, 13 Prozent Smartphones mit Fitness-Apps und sechs Prozent Smartwatches. Vor allem bei den Jüngeren sind die Geräte angesagt. „Heute messen wir per Fitnesstracker unsere Vitalwerte und motivieren uns so zu mehr Bewegung. Oder wir prüfen unsere Herzleistung mit einer App, die uns bei Unregelmäßigkeiten warnt“, so Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer beim Bitkom. Er betont die positiven Effekte der Digitalisierung der Medizin: „Dank digitaler Technologien werden wir länger und gesünder leben, gleichzeitig werden die Kosten der medizinischen Versorgung reduziert.“

 

Der Bundesverband Medizintechnologie BvMed konstatiert, der Gesundheitsbegriff erweitere sich derzeit massiv: „Patienten fragen Leistungen rund um ihre Gesundheit immer stärker selbst nach und sind bereit, für bessere Qualität und zusätzliche Dienstleistungen mehr zu bezahlen“, so der BvMed in seinem aktuellen „Branchenbericht Medizintechnologien“. Er sieht die Medizintechnik-Branche daher als Wachstumsmarkt. Gesundheit wird den Deutschen offenbar immer wichtiger. 

 

Zahlreiche Start-ups gründen sich mit Ideen für digitale Gesundheitsanwendungen – von Apps für das Gesundheitsmonitoring über telemedizinische Betreuungsangebote bis hin zu virtuellen Arztbesuchen.  Das einzige Hindernis ist die Skepsis der Deutschen beim Umgang mit Gesundheitsdaten. Eine im Rahmen des jüngsten „Safer Internet Day“ im Februar vorgestellte Verbraucherbefragung des Markt- und Meinungsforschungsunternehmens YouGov im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz hat ergeben, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher Risiken bei der Nutzung von digitalen „Wearables“ wie Fitnesstrackern und Smartwatches sehen. 

 

Danach befürchteten 32 Prozent der Befragten falsche Messwerte und 31 Prozent falsche Gesundheitsratschläge. 39 Prozent aber sahen die Verwendung der Daten durch Dritte als Problem. Verbraucherschutzminister Heiko Maas rief die Unternehmen dazu auf, die Privatsphäre der Nutzer zu respektieren. „Niemand sollte gezwungen sein, seine Fitness überwachen zu lassen. Das bedeutet zum Beispiel, dass man bei Krankenversicherungen keine Nachteile haben darf, weil man seine Gesundheitsdaten nicht zur Verfügung stellt“, so Maas. 

 

Auch Florian Schumacher ist dafür, „Daten zu nutzen und Menschen zu schützen“. Er glaubt, dass die aktuelle Gesetzgebung dafür ausreicht. Er hat keine Angst davor, dass Unternehmen seine Daten missbrauchen könnten. „Ich denke aber, dass man in den Einzelfall hineinschauen muss und überlegen, wo man Menschen vor Missbrauch und vor einer Benachteiligung aufgrund ihrer Daten schützen muss.“

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