Wunsch nach Veränderung

Zunehmend mehr Männer suchen den Gang zum plastischen Chirurgen. Nachgefragt werden Haartransplantationen oder sogar Penisverlängerungen.
Illustration von Tolga Akdogan
Illustration von Tolga Akdogan
Iuna Mihu Redaktion

Schlanker, glatter, definierter – den Wunsch nach einem perfekten Aussehen oder einer markanten körperlichen Veränderung haben längst nicht nur Frauen. Auch Männer suchen immer öfter eine Facharztpraxis für Schönheitschirurgie auf und lassen sich zu verschiedenen Behandlungen beraten.

Insgesamt ist das Interesse primär nach Korrekturen im Gesichtsbereich groß – ein Trend, dass in den vergangenen zwei Corona-Pandemie-Jahren entstanden ist: Arbeiten aus dem Homeoffice, Konferenzen via Videocall und Maskentragen – plötzlich war das Gesicht, vor allem die Augenpartie, stark in den Fokus geraten. Zu den häufigsten ästhetischen Eingriffen in Deutschland zählen minimalinvasive Maßnahmen wie die Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin (Botox). Die Botulinumbehandlung hat im vergangenen Jahr noch einmal kräftig zugelegt – um 37,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) in ihrer Statistik 2021 ermittelt hat. Ganz oben auf der Wunschliste steht dabei die Straffung der Oberlider, aber auch der Unterlider. Die Nachfrage nach Oberlidstraffungen hat 2021 im Vergleich zu 2020 um 18,8 Prozent zugenommen, teilte die DGÄPC mit.

Auch wenn zunehmend mehr Männer sich für ästhetische Eingriffe interessieren – insgesamt sind es nach wie vor Frauen, die Behandlungen in Anspruch nehmen. Dr. med. Helge Jens, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Vorstandsmitglied der DGÄPC, erklärt dazu: „Das Patientenverhältnis zwischen Mann und Frau liegt die letzten Jahre relativ konstant bei maximal 20 Prozent Männern zu 80 Prozent Frauen, die zu uns in die Praxis kommen. Auffällig ist, dass vor allem jüngere Männer sich für eine ästhetische Behandlung entscheiden, und die Behandlungen haben sehr häufig einen medizinischen Grund.“

Etwa die Männerbrust, die sogenannte Gynäkomastie. Darunter versteht man die ein- oder beidseitige Schwellung der männlichen Brustdrüsen, sodass die Brust weiblich aussieht – nicht zu verwechseln mit der sogenannten Pseudo-Gynäkomastie, auch Lipomastie genannt, bei der es sich um eine Fettansammlung in der Brust handelt, aufgrund von starkem Übergewicht.

Die Gynäkomastie tritt oft schon in der Pubertät auf oder sie entsteht als Nebenwirkung bei bestimmten Medikamenten. Dazu gehören etwa: Herzmedikamente, Mittel gegen Bluthochdruck (Antihypertonika) oder bestimmte Antidepressiva. „Durch die Fehlbildung entsteht für die Betroffenen ein psychisches Problem mit hohem Leidensdruck“, sagt Dr. med. Alexander P. Hilpert, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Präsident der DGÄPC. „Die Männer fühlen sich in sozialen Bereichen, wie zum Beispiel beim Sport oder der Auswahl der Kleidung, und im intimen Umgang mit Partnern und Partnerinnen massiv eingeschränkt.“

Während sich die Frau also meist nach einer Vergrößerung der Brust sehnt, weil sie etwa unter zu kleinen Brüsten leidet, ist es beim Mann der Wunsch nach einer Verkleinerung. „Das spiegeln auch die Zahlen der letzten Jahre wider. Hier rangiert diese Operation immer unter den Top drei der durchgeführten Behandlungen“, so Hilpert. Sofern eine psychische Beeinträchtigung durch die Gynäkomastie vorliegt und diese auch nachgewiesen werden kann, übernehmen Krankenkassen in der Regel die Kosten der Behandlung ganz oder teilweise.

Es gibt auch noch weitere medizinische Gründe für eine Schönheitsoperation: Ein extremes Schlupflid zum Beispiel, wodurch das Sichtfeld stark eingeschränkt ist. Auch eine Hyperhidrose, also krankhaft bedingtes starkes Schwitzen, wird als medizinische Notwendigkeit für einen ästhetischen Eingriff angesehen. Und dann sind da noch prominente Gesichter, die offen über ihre kosmetischen Behandlungen sprechen und somit auch gewisse Trends in der plastischen Chirurgie befeuern. Bei Fußballtrainer Jürgen Klopp war es etwa die Haartransplantation, nach der sich viele Männer auch sehnten. „Die jüngere Generation geht hierbei offener mit möglichen Lösungen ihres Problems um, da Männer wie Jürgen Klopp mittlerweile auch offen zur Behandlung ihres jeweils ganz subjektiven Problems stehen. Diese Tatsache gibt Männern somit eine Art Legitimation dafür, mit ihrem ganz persönlichen Wunsch in die Praxis zu kommen“, so Dr. Helge Jens.

Auch Eingriffe unterhalb der Gürtellinie haben in Deutschland Hochkonjunktur. Viele Männer fühlen sich mit einem kleinen Penis in ihrer Männlichkeit eingeschränkt, leiden vielleicht auch psychisch darunter und wünschen sich daher eine Veränderung ihrer Penisgröße. Durch eine spezielle Operation lässt sich das Glied um zwei bis fünf Zentimeter vergrößern – selbst die Dicke kann angepasst werden. In Deutschland ist das ein sehr spezielles Gebiet der plastischen Chirurgie.

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