Der Chirurg, das Schlüsselloch und der Roboter

Minimal-invasive Eingriffe haben die Medizin in den letzten Jahrzehnten stark verändert, schonende Behandlungen gegen eine Vielzahl von Beschwerden möglich gemacht – und entwickeln sich durch moderne Technik stetig weiter.
Illustration: Laure Manière
Illustration: Laure Manière
Moritz Kohl Redaktion

Im 19. Jahrhundert blickten Ärzte noch mit Kerzen, Linsen und Spiegeln in offene Körperhöhlen wie Mund und Vagina – und fügten den Patienten dabei nicht selten Verbrennungen zu. Nach und nach folgten elektrische Glühbirnen und kleine Hautschnitte, die Bauchspiegelung möglich machten. Später begannen Chirurgen Kohlenstoffdioxid in den Bauchraum einzuführen, damit er sich aufbläht und die Sichtverhältnisse besser werden.

Mittlerweile hat sich aus diesen Ideen die minimal-invasive Chirurgie entwickelt, auch „Schlüssellochchirurgie“ genannt. Moderne Endoskope, die Ärzte durch kleine Hautschnitte in den Körper bringen, sind so etwas wie eine Mischung aus Mini-Computer und der Mediziner-Variante eines Schweizer Taschenmessers, ausgestattet mit Mikrochips, Digitalkameras und allerlei medizinischen Instrumenten. Sie werden verwendet, um etwa Prostata, Blinddarm und Gallenblase zu entfernen. Ärzte führen minimal-invasive Magen- und Darmspiegelungen durch und diagnostizieren dort Krankheiten, entnehmen direkt Proben und veröden Gewebe mit Laser oder Kälte. Die minimal-invasive Arthroskopie ist der Standardeingriff für Operationen an Gelenken. Und so weiter.

Minimal-invasive Eingriffe sind in der Regel deutlich risikoärmer und weniger belastend als die klassische Chirurgie mit ihren großen Hautschnitten. Sie gehen außerdem meist schneller vonstatten und ziehen kürzere Aufenthalte im Krankenhaus nach sich. Der Heilungsprozess nach der OP verläuft oft besser, es bleiben weniger Narben zurück. Manche Erkrankungen lassen sich außerdem erst durch minimal-invasive Techniken chirurgisch behandeln – etwa an der Wirbelsäule, wo offene Operationen zu riskant wären.

Derweil entwickeln sich die Operationstechniken immer weiter. In sogenannten Hybrid-Operationssälen der 2. Generation sind während einer Endoskopie auch 3D-Kameras, moderne Röntgengeräte, Computer- und Magnetresonanztomografen sowie Industrieroboter am Werk. Während Chirurgen operieren und ihre Instrumente steuern, positionieren Roboterarme zum Beispiel millimetergenau die Strahlen eines Röntgengeräts und liefern in Echtzeit hochauflösende Bilder aus dem Körperinneren.

Die Kehrseite der Medaille ist eine gewisse Abhängigkeit von der Technik: Chirurgen müssen lernen, mit den digitalen Werkzeugen und den Informationen, die diese in Echtzeit von sich geben, umzugehen. Und sie sind an die Computer gebunden – ohne sie können sie nicht auf demselben Niveau behandeln. An den Universitäten gibt es nicht umsonst immer mehr Lehrstühle wie Medizinische Informatik und Mediziningenieurwesen, wo an den Schnittstellen zwischen Maschinen, Software und Chirurgie gearbeitet wird. Es ist eindeutig: Technik und Medizin sind nicht mehr zu trennen.

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