Fokus Krebs

Die Redaktion befragt Akteure zu neuen Erkenntnissen aus Klinik & Forschung.
Juni 2017 Die Zeit Leben mit Krebs

»Termin zur Mammographie – Sie sind am Zug!«

Dr. med. Christian Albring Präsident; Berufsverband der Frauenärzte

Frauen ab 50 Jahren erhalten bis zum 70. Lebensjahr in zweijährlichem Abstand eine Einladung zur Mammographie. Dabei handelt es sich um ein international geprüftes und bewährtes Verfahren, um Brustkrebs schon in einem sehr frühen Stadium zu erkennen. Die Aussagekraft der Röntgenaufnahme wird durch eine zusätzliche Ultraschallaufnahme noch erhöht. Vor allem wenn das Drüsengewebe sehr dicht ist, kann eine solche Untersuchung sinnvoll sein. Bei der Kombination aus diesen beiden Verfahren werden weniger Krebsfälle übersehen, und viele ursprünglich als verdächtig eingestufte Befunde können als harmlos identifiziert werden. Wenn nach der Mammographie der Verdacht auf einen Tumor geäußert wurde, übernehmen die Krankenkassen sogar die Kosten für die Ultraschall-Untersuchung.

 Die Organisatoren des Mammographie-Screenings bekommen Ihre Adresse übrigens nicht von den Krankenkassen, sondern von den Einwohnermeldestellen. Wenn Sie Ihrer Meldebehörde die Weitergabe Ihrer Adresse an Dritte nicht gestattet haben, erhalten Sie keine Einladungen. In diesem Fall müssen Sie sich selbst darum kümmern, in das Programm aufgenommen zu werden, entweder online über www.mammo-programm.de, oder über die zentrale Telefonnummer des Screenings 030-3199 851.

 In jedem Fall ist eine regelmäßige Teilnahme an dem Programm sinnvoll. Etwa jede zehnte Frau in Deutschland erkrankt irgendwann in ihrem Leben an Brustkrebs; rechtzeitig erkannt und behandelt gilt Brustkrebs heute jedoch als heilbar. Dabei ist die Frage, wieviel Lebensqualität die behandelnden Ärztinnen und Ärzte Ihnen erhalten können, zwar einerseits von der Art des Tumors abhängig. Einen viel größeren Einfluss hat jedoch die Frage, ob der Tumor frühzeitig entdeckt und vollständig entfernt werden konnte. Neue Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass das Mammographie-Screening dazu beitragen kann.
 

www.bvf.de

Juni 2017 Die Zeit Leben mit Krebs

»PSA-Test im Fokus«

Univ.-Prof. Dr. Maurice Stephan Michel Generalsekretär; Deutsche Gesellschaft für Urologie

In der wechselvollen Geschichte des PSA-Tests hat die Neubewertung der PLCO-Studie 2016 ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Nachdem die Studie publiziert war, stellte sich heraus, dass sich 90 Prozent der angeblich Nicht-Getesteten entgegen Studienprotokoll doch haben testen und, wenn erforderlich, auch therapieren lassen. In der Studie wurden demnach zwei Gruppen verglichen, die beide fast gleich häufig PSA-getestet wurden. Es verwundert nicht, dass dabei kein relevanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen gefunden werden konnte. Diese Erkenntnisse haben in der Zusammenschau mit der aktualisierten Auswertung der ERSPC-Studie international eine Neubewertung des Stellenwertes des PSA-Tests eingeleitet.

 In der ERSPC-Studie wurde durch das Screening bei knapp 350 von 10.000 Männern ein Prostatakarzinom entdeckt. So konnte die Prostatakrebsmortalität durch ein PSA-Screening in 13 Jahren um ca. 20 Prozent gesenkt werden. Doch trotz seines damit verbesserten Rufs sollte der Einsatz des PSA-Tests auch nach aktueller Einschätzung der DGU und des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V. (BDU) wohl abgewogen sein - in einer individuellen Entscheidung des durch einen Facharzt/eine Fachärztin für Urologie gut informierten Patienten.

 Für eine allgemeine Screening-Empfehlung sei die Zeit noch nicht reif, so BDU-Präsident Dr. Axel Schroeder. Dennoch haben Deutschlands Urologen eine klare Empfehlung, wann der PSA-Wert mit einem Patienten, der den Wunsch nach einer Früherkennungsuntersuchung hat, erörtert werden sollte. Der so genannte Baseline-PSA im Alter von 40 oder 45 Jahren gibt eine gute Information über das individuelle Risiko, irgendwann später an einem Prostatakarzinom zu erkranken. Je nach Höhe dieses Wertes, insbesondere wenn bei jüngeren Männern in der Familie ein Prostatakarzinom bereits vorkam, kann angemessen reagiert werden. Von dieser Konstellation hängen auch die Kontrollintervalle ab, die bis zu fünf Jahre betragen und lebensrettend sein können.  

www.urologenportal.de

Juni 2017 Die Zeit Leben mit Krebs

»Mit Krebs leben: Wenn die Therapie zu späten Schäden führt«

Prof. Michael Bamberg Vorsitzender; Deutsche Krebsstiftung e.V.

Wer nach einer erfolgreichen Krebstherapie fünf Jahre ohne Rückfall überstanden hat, gilt als geheilt. Die Fachleute sprechen von Langzeitüberlebenden oder Cancer Survivors. Aber sind diese Menschen wirklich gesund? Tatsächlich leidet ein Teil stärker als bisher angenommen unter den Spätfolgen der Krebsbehandlung.

Krebspatienten leben heute im Durchschnitt länger als noch vor 20 Jahren. Denn die Therapien sind besser geworden, und vor allem die in den interdisziplinären Tumorkonferenzen empfohlenen Behandlungskombinationen erhöhen den Behandlungserfolg. Dadurch steigen aber nicht nur die Überlebensraten, sondern auch das Risiko für Spätfolgen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen oder das chronische Erschöpfungssyndrom (Fatigue) sind typisch in diesem Zusammenhang.

Eine krebsbedingte Fatigue kann die Betroffenen extrem belasten; manchmal taucht sie erst Jahre nach Therapieende auf und führt zu Abgeschlagenheit und chronischer Antriebsschwäche. Für die Betroffenen ist es schwierig, ihre Erschöpfung anderen begreifbar zumachen. Abgesehen davon, dass sie bis zur Fatigue-Diagnose eine Odyssee von Arztbesuchen hinter sich haben, sind sie in ihrer Erwerbstätigkeit häufig stark eingeschränkt. Leider sind die Diagnosekriterien für eine krebsbedingte Fatigue derzeit noch recht unscharf; das erschwert auch die Anerkennung einer Fatigue-bedingten Erwerbsunfähigkeit.

Wir brauchen dringend mehr Survivorship-Programme zur langfristigen Betreuung von Krebspatienten und außerdem mehr Forschung, damit schwerwiegende Spätfolgen künftig vermieden werden können.


www.deutsche-krebsstiftung.de