Eine Frage der Zeit

Bei Schlaganfall und Herzinfarkt kommt es darauf an, die Symptome richtig zu deuten – und dann schnell und umsichtig zu handeln
Illustration: Anna Ruza
Mirko Heinemann Redaktion

Wer einen Schlaganfall erleidet, muss schnellstmöglich in Behandlung. Und hier liegt das Problem. Denn einen Schlaganfall zu erkennen, ist gar nicht so einfach, zumal die Symptome nicht eindeutig sind. Deshalb kommt in Deutschland etwa jeder zweite Betroffene nicht rechtzeitig ins Krankenhaus.

Laut der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft erleiden rund 260.000 Menschen pro Jahr in Deutschland einen Schlaganfall. Nach Krebs- und Herzerkrankungen ist diese die dritthäufigste Todesursache. Etwa jeder fünfte Betroffene stirbt an den Folgen der Erkrankung. Er ist außerdem die häufigste Ursache für Pflegefälle. Jeder dritte Überlebende bleibt dauerhaft auf Hilfe angewiesen.

Warum eine rasche Behandlung wichtig ist, erschließt sich, wenn man sich ansieht, wie ein Schlaganfall entsteht: In den meisten Fällen handelt es sich um eine Durchblutungsstörung im Gehirn, die durch ein Gerinnsel irgendwo in der Blutbahn ausgelöst wird. Das Blutgerinnsel wird durch das Blut fortgespült, in immer kleinere Gefäße, bis es schließlich in das Hirn gelangt. Dort kann es in einer der engeren Arterien stecken bleiben. Verstopft die Ader, fallen plötzlich Teile des Gehirns aus.

Im akuten Fall kann der Betroffene nicht mehr sprechen, einfachste Sätze und Wörter fallen ihm schwer. Auch kontrollierte Bewegungen sind nicht mehr möglich. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft rät: sofort den Notruf 112 wählen, denn die Zeit der Hilfe ist begrenzt. Es gibt ein Zeitfenster von viereinhalb Stunden, um keine Spätfolgen davon zu tragen. Die Person sollte erhöht gelagert werden, am besten auf dem Boden sitzend. Auf einem Stuhl besteht die Gefahr, dass der Betroffene das Gleichgewicht verliert und stürzt.

Im Krankenhaus sollte man auf einer Computertomographie bestehen. Zwar ist in 80 Prozent aller Fälle ein verstopftes Blutgefäß die Ursache. Doch bei den anderen 20 Prozent liegt die Ursache bei einer Hirnblutung. Da üblicherweise blutverdünnende Medikamente gegeben werden, um den Blutklumpen im Hirn wegzuspülen, wäre dies bei einer Hirnblutung lebensgefährlich. Wichtig sei auch, dem Patienten auf keinem Fall Essen oder Trinken zu reichen. Denn durch die Lähmungen kann es zu Schluckproblemen kommen, die dazu führen, dass Nahrung ungehindert in die Lunge fließt und eine Lungenentzündung verursacht.

Zur Behandlung hat sich die Methode der „mechanischen Thrombektomie“ als wirkungsvoll erwiesen. Große Blutgerinnsel werden mittels eines Mikrokatheters entfernt. Bei diesem Verfahren schieben die Ärzte von der Leiste aus einen Katheter bis an die Stelle des Hirngefäßes, wo das Blutgerinnsel die Arterie blockiert hat. Der Katheter durchbohrt den Thrombus und umschließt das Gerinnsel anschließend mit einem Stent wie ein Drahtkäfig, sodass der Blutpfropfen herausgezogen werden kann.

Die zweite akute Herz-Kreislauf Erkrankung, bei der Sekunden über Leben und Tod entscheiden, ist der Herzinfarkt, auch Myokardinfarkt oder Herzmuskelinfarkt genannt. Dabei tritt eine Durchblutungsstörung auf, in deren Folge ein Teil des Herzmuskels absterben kann. Eine möglichst schnelle Behandlung ist entscheidend, damit die mit Blut unterversorgte Herzregion keinen dauerhaften Schaden nimmt.

Typische Anzeichen für einen Herzinfarkt sind heftige Brustschmerzen, die in Schulter, Arm, Unterkiefer oder Oberbauch ausstrahlen. Es kann überdies zu Ängsten und Schweißausbrüchen kommen. Manche Menschen verspüren bei einem Herzinfarkt auch nur einen starken Druck in der Brust. Die Symptome halten typischerweise länger als fünf Minuten an. Das ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur Angina pectoris, der so genannten Brustenge. Diese zeigt sich in wiederkehrenden Schmerzen, dumpfen Druckgefühlen oder Brennen hinter dem Brustbein. Dazu können Angstgefühle und kalter Schweiß auftreten. Die Schmerzen können bis in die Fingerspitzen oder in die Zähne ausstrahlen.

Die Ursache für solche Anfälle können verengte Herzkranzgefäße sein, dabei spricht man auch von einer Arterienverkalkung oder Arteriosklerose. Zu den besagten Schmerzen in der Brust kommt es dann, wenn die Herzkranzgefäße aufgrund einer körperlichen Belastung nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Herzinfarkt und Angina pectoris sind Ausprägungen der sogenannten Koronaren Herzkrankheit, die unter Medizinern auch als KHK abgekürzt wird. Neben dem Herzinfarkt und der Angina pectoris gehört dazu auch der plötzliche Herztod. Auch hier sind Verkalkungen der Herzkranzgefäße die Ursache – oder sie sind zumindest beteiligt. Die KHK zählt in Deutschland mit zu den wichtigsten Volkskrankheiten und ist eine der häufigsten Todesursachen.

Statistisch gesehen entwickeln gut zehn Prozent aller Deutschen zwischen 40 und 79 Jahren eine koronare Herzkrankheit. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit steigt dabei mit dem Alter. Männer sind davon dreimal so oft betroffen wie Frauen. Bei Frauen äußern sich die Symptome oft anders. Der typische Brustschmerz tritt seltener oder gar nicht auf, es sind eher Symptome wie Magenschmerzen, Übelkeit, Atemnot und Müdigkeit, die in den Vordergrund treten. Das macht es dem Arzt schwerer, eine Angina pectoris bei Frauen zuverlässig zu erkennen.

Eine erfolgreiche Therapieoption bei Arterio-sklerose ist die so genannte Revaskularisation. Dabei werden Verschlüsse oder Einengungen der Herzkranzgefäße mittels eines Stents beseitigt. Zunächst führt der Arzt über die Leisten- oder Armschlagader einen Katheter ein und schiebt ihn bis in die Herzkranzgefäße vor. An der Spitze des Katheters befindet sich ein aufblasbarer Ballon. Damit weitet er die Engstelle. Damit das Herzkranzgefäß nach der Erweiterung offen bleibt, setzt er oft gleichzeitig ein röhrenförmiges Metallgitter, den Stent, als Gefäßstütze ein.

Die Risikofaktoren für Schlaganfall, Herzinfarkt und die koronare Herzkrankheit sind ähnlich gelagert. Hauptursache ist das Rauchen, außerdem kann Bluthochdruck und eine Fettstoffwechselstörung die Entstehung einer Arteriosklerose begünstigen. Übergewicht ist ebenso ein Risikofaktor wie zu wenig Bewegung oder eine fettreiche und vitaminarme Ernährung. Wer Sport treibt, sich ausgewogen ernährt und seinen Blutdruck kontrolliert, senkt bereits sein Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, immens.

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