»Die Notlage der Patienten verträgt keine Verzögerung«

Die IKK classic engagiert sich im Kampf gegen den Diabetes und entwickelt für ihre Versicherten ein modernes, situativ angepasstes Versorgungsprogramm
Kai Swoboda ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender der IKK classic. Zuvor war der studierte Wirtschafts- und Organisationswissenschaftler jahrelang im Spitzenmanagement verschiedener Krankenhausgesellschaften tätig.
IKK Classic Beitrag

Herr Swoboda, Sie beschäftigen sich aktuell intensiv mit dem Thema Diabetes. Aus welchem Grund?
Diabetes gilt schon heute als Volkskrankheit. Weltweit sind 425 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland sind es rund 6,7 Millionen, 95 Prozent von ihnen leben mit Diabetes Typ 2. Da die Krankheit oft erst spät diagnostiziert wird, ist die Dunkelziffer entsprechend hoch. Viele Experten gehen von zwei Millionen Menschen aus, andere sogar von bis zu fünf Millionen. Gesicherte Zahlen gibt es nicht.

 

Woran liegt das?
Deutschland gehört zu einer kleinen Gruppe von nur acht der 28 EU-Staaten, die noch keinen „Nationalen Diabetesplan“ entwickelt haben. Zwar hat die aktuelle Regierung die Umsetzung in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die parlamentarische Beratung darüber aber erst kürzlich wieder vertagt. Dabei brauchen wir dringend ein nationales Diabetesregister und ein gut koordiniertes, modernes und flächendeckendes Angebot für die wachsende Zahl diabeteskranker Menschen. Die Notlage der Patienten verträgt keine weitere Verzögerung. Hier sind alle gefordert: die Gesellschaft, die Politik und natürlich auch die Krankenkassen.


Inwiefern?
Die Kassen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Allein die IKK classic betreut 320.000 Diabetikerinnen und Diabetiker, die wir bestmöglich versorgen wollen. Zum anderen spielen auch die Kosten eine erhebliche Rolle: Für knapp zehn Prozent der Versicherten wenden wir gut ein Fünftel unserer gesamten Leistungsausgaben auf – immerhin rund zwei Milliarden Euro im Jahr! Dabei ist Diabetes eine Krankheit, die zwar immer noch nicht heil-, aber gut behandelbar ist. Gerade die schwerwiegenden Folgeerkrankungen – dazu gehören Herz- und Niereninsuffizienz oder auch der „diabetische Fuß“ – ließen sich oft vermeiden.


Die IKK classic hat jetzt die Initiative ergriffen und entwickelt aktuell ein neues Diabetes-Versorgungsangebot. Wo setzt dieses an?
Wir wissen, dass sich der Verlauf des Diabetes zum Beispiel durch die Vermeidung von Risikofaktoren wie Übergewicht oder Bewegungsmangel positiv beeinflussen lässt. Neben einer Lebensstilanpassung spielen auch Faktoren wie Früherkennung, Compliance und Selbstmanagement eine entscheidende Rolle. Aber es gilt auch: Diabetes ist nicht gleich Diabetes. Die Betroffenen haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse, die wir in unserem Versorgungsangebot berücksichtigen.

 

Welche Zielgruppen haben Sie im Blick?
Unser Versorgungskonzept enthält situativ angepasste Angebote für frisch diagnostizierte Patienten, für Diabetikerinnen und Diabetiker mit Herzinsuffizienz und anderen Folgeerkrankungen, für Betroffene im Rentenalter und Schwangere, die un-
ter Gestationsdiabetes leiden. Aktuell entwickeln wir eine „Sicherheits-App“ für schulpflichtige Kinder und Jugendliche mit Diabetes Typ 1, die erstmals auch das gesamte soziale Umfeld, also nicht nur Familien und Freunde, sondern auch Lehrer und Erzieher, einbezieht. Betroffene aus dem Handwerk unterstützen wir im Rahmen eines Pilotprojektes mit dem telemedizinischen Interventionsprogramm „TeLiPro“, das an die besonderen Arbeitsbedingungen dieses Wirtschaftszweigs angepasst ist. Die Vitaldaten der Teilnehmer, etwa Gewicht, Blutzucker und Schritte, werden kontinuierlich digital erfasst und über eine App in eine Online-Plattform eingelesen. Anhand dieser Daten bekommen sie dann von zertifizierten Coaches individuelle Handlungsanweisungen zum konstruktiven Umgang mit der Krankheit.

 

Ihr Versorgungskonzept beinhaltet viele digitale Angebote. Warum?
Chronisch Kranke im Allgemeinen und Diabetiker im Besonderen können in erheblichem Maße von den Möglichkeiten der Digitalisierung profitieren, zum Beispiel durch die kontinuierliche Messung und Dokumentation von Gesundheitsdaten. Aber Apps und Online-Programme sorgen auch deshalb für ein ganz neues Niveau der Versorgung, weil sie einen besseren Austausch von Werten und eine schnellere Interaktion mit den Behandlern ermöglichen.

 


www.ikk-classic.de

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