Talente für Deutschland

Die Redaktion befragt Akteure zum Arbeitsmarkt der Zukunft.
Oktober 2016 Die Welt Talente der Zukunft

»Es werden Talente gesucht, die Innovationen unternehmerisch umsetzen.«

Dr. Michael Brandkamp Sprecher der Geschäftsführung; High-Tech Gründerfonds

Die Digitalisierung hat nahezu alle Branchen erfasst. Die damit verbundenen Innovationen werden in vielen Fällen von Start-ups vorangetrieben, die mit ihren neuen Ansätzen bestehende Marktstrukturen in Frage stellen und sogar ganze Branchen oder Geschäftsfelder auf den Kopf stellen können. Doch erst (digitale) Disruption ermöglicht den technologischen Fortschritt und ist daher wichtig für die etablierte Wirtschaft, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Old Economy profitiert von innovativen High-Tech Start-ups als Lieferanten, Kunden und Impulsgeber. Es werden Forschungs- und Entwicklungkooperationen geschlossen, Konzerne beteiligen sich an innovativen Gründungen oder kaufen diese auf. Branchen wachsen zusammen. Nicht umsonst nehmen die M&A Aktivitäten weltweit zu und gleichzeitig erleben wir in Deutschland einen Boom von High-Tech Gründungen vor allem in Berlin.

Diese Entrepreneurshipkultur in allen Schlüsselbranchen weiter zu etablieren und aufzubauen, ist eine wichtige Voraussetzung für eine stabile und florierende Wirtschaft. Gerade in den Bereichen Pharma und Chemie, aber auch in klassischen Ingenieurswissenschaften – Branchen in denen der Digitalisierungsdruck nicht ganz so hoch ist – ist der so wichtige Gründerspirit jedoch noch unterrepräsentiert. Gut ausgebildete Hochschulabsolventen wählen oft eher den sicheren Arbeitsplatz mit beruflicher Perspektive im Konzern oder dem etablierten Mittelständler. Auch diese Positionen sind wichtig zu besetzen. Doch es werden dringend Talente gesucht, die ihre technologischen Innovationen unternehmerisch umsetzen, um diese noch schneller in den Markt zu bringen. Venture Capital Investoren unterstützen nicht nur mit Kapital, sondern auch mit nationalen und internationalen Netzwerken und Kontakten zur Industrie. Die Voraussetzungen waren also nie besser als heute.

www.high-tech-gruenderfonds.de

Oktober 2016 Die Welt Talente der Zukunft

»Talente brauchen eine offene Arbeitskultur.«

Aletta Gräfin von Hardenberg Geschäftsführerin; Charta der Vielfalt e.V.

Die Talente der Zukunft sind in aller Munde: Über die Generation Y und auch die Generation Z wird viel geschrieben. Sie arbeiten anders, haben andere Werte und insgesamt ist ihre Anzahl viel geringer als ihre Vorgängergenerationen. Letzteres lässt sich statistisch eindeutig nachweisen: Die ehemalige Alterspyramide, die sich mittlerweile nach unten hin verjüngt anstatt breiter zu werden, kennen wir alle. Die anderen Themen – eher kultureller Art – lassen sich weniger klar fassen. Dennoch sind sie vorhanden und Arbeitgeber tun gut daran, sie zu berücksichtigen, um auch in Zukunft personell gut aufgestellt zu sein.

Die verschiedenen Generationen haben ein anderes Verständnis von Arbeit und andere Arbeitsgewohnheiten. Die Generation der „Baby Boomer“ (1956-1965) motiviert zum Beispiel ihre Position in der Hierarchie und der Respekt für ihren Einsatz. Die Generation Y (1981-1996) braucht wiederum Spaß an der Arbeit und das Gefühl, einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Das sind wichtige Erkenntnisse, um in Zeiten des Fachkräftemangels den „War for Talents“ zu gewinnen. Es geht nicht mehr nur um das Gehalt, den Dienstwagen oder sonstige finanzielle Anreize. Die Unternehmenswerte, das Arbeitsumfeld und eine sinnstiftende Aufgabe spielen genauso eine Rolle und sind am Ende womöglich ausschlaggebend.

Nicht ohne Grund gibt es mittlerweile zahlreiche Auszeichnungen, Prädikate und Selbstverpflichtungen wie die Charta der Vielfalt, mit denen Arbeitgeber öffentlich zeigen können, dass sie allen Beschäftigten eine offene Arbeitskultur bieten. Gerade den jüngeren Generationen ist es wichtig, sich aktiv in die vorhandene Kultur einzubringen und sie mitzugestalten. Wird das ermöglicht, erhöht es die Chance, dass sich „die Neuen“ auf Dauer wohlfühlen und nicht schnell nach einem neuen Arbeitgeber Ausschau halten.
 
www.charta-der-vielfalt.de

Oktober 2016 Die Welt Talente der Zukunft

»Start-ups sind die Ausbildungsbetriebe für die Talente der Zukunft.«

Florian Nöll Vorsitzender; Bundesverband Deutsche Startups e.V.

Start-ups sind echte Jobmotoren. Im Schnitt beschäftigt laut dem Deutschen Start-up- Monitor jedes Startup 15,2 Mitarbeiter, in Berlin sind es sogar 25,2. Zudem planen deutsche Start-ups in den kommenden 12 Monaten im Schnitt acht weitere Mitarbeiter einzustellen. Dazu braucht es Geld. Und natürlich: die passenden Bewerber.

Start-ups sind Unternehmen mit zumeist sehr anspruchsvollen Aufgaben, von Business Development über Produktentwicklung bis PR, und stellen fast nur Akademiker ein. Ihre Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle sind meist softwaregetrieben, dementsprechend suchen sie viele Entwickler und Programmierer. Akademiker, vor allem, wenn sie aus dem MINT-Bereich kommen und bereits Berufserfahrung haben, sind gefragt auf dem Arbeitsmarkt und müssen dement-
sprechend bezahlt werden.

Einen Weg, den viele Start-ups gehen: Sie stellen junge Hochschulabsolventen ein und bilden diese selbst aus, beispielsweise durch Praktika. Ein Praktikum ist oft der erste Einstieg junger Menschen in die Start-up-Welt. Wir haben es schon oft erlebt, dass aus ehemaligen Praktikanten Mitarbeiter, Führungskräfte und später sogar selbst Gründer wurden. Solche Praktika sensibilisieren für digitale Berufsfelder und alles, was damit zu tun hat. Diese Ausbildungsleistung hat einen großen Wert für die Zukunft unserer Wirtschaft, die immer digitaler wird. Start-ups digitalisieren nicht nur die deutsche Wirtschaft. Sie schaffen Aufmerksamkeit innerhalb der Gesellschaft, insbesondere bei jungen Akademikern, dass diese Digitalisierung Menschen benötigt, die Software verstehen und entwickeln können. Start-ups sorgen so dafür, dass Deutschland innovativ und erfolgreich bleibt. Sie sind die Ausbildungsbetriebe für die Talente der Zukunft. Diese Ausbildungsleistung muss endlich erkannt und gefördert werden.

www.deutschestartups.org