Unternehmen unter Druck

Die Digitale Transformation hat den Handel erreicht. Doch noch sind viele Unternehmen überfordert. Wer die Chancen von E-Commerce nutzen will, braucht professionelle Unterstützung.
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Illustration: Wenran Xu
Axel Novak Redaktion

Wer einmal versucht hat, im Berliner Einzelhandel erschwingliche Kinderschuhe außerhalb einer zeitlich eng begrenzten Saison zu finden, der singt fortan das Hohelied des E-Commerce. Auswahl und Beratung funktionieren im Netz oft besser als vor Ort. Und die meist kostenlosen Rücksendungen führen dazu, dass die Bestellhürde sinkt.


Der elektronische Handel blüht. Das hat für Unternehmen, die auf den Verkauf ihrer Produkte angewiesen sind, die Folge, über ein entsprechendes Portal verfügen zu müssen, wenn sie via Internet Kunden suchen und bedienen wollen. „Die digitale Ära setzt den Einzelhandel unter Druck, und nur wenige Händler wissen diese Entwicklung bisher zu nutzen“, bestätigt Andreas Harting, Partner bei Deloitte Digital. „Dabei bietet ihnen die Digitalisierung enorme Chancen zur Umsatzsteigerung – wenn sie die zunehmende Diskrepanz zwischen Kundenerwartung und eigener Geschäftsrealität überwinden.“


Noch betreiben sechs von zehn Händlern keinen eigenen Online-Shop, hat eine Studie des E-Commerce-Centers Köln (ECC Köln) im vergangenen Jahr festgestellt. Und sie planten dies auch nicht für die Zukunft! Die befragten Unternehmen sehen vor allem im zeitlichen Aufwand und bei den Kosten Gründe, um auf einen Shop im Netz zu verzichten.


Denn die Integration digitaler Vertriebskanäle ist komplex. Neben der Datensicherheit, der Logistik und den Bezahlvorgängen müssen grundsätzliche strategische Überlegungen zum Shop angestellt werden. Zum Beispiel: Wie kann der Kunde über alle Kanäle hinweg erreicht und motiviert werden? Das Unternehmen sollte also wissen, was es will und dafür benötigt.


Das Engagement allerdings lohnt sich trotz anfänglich hoher Kosten: Nicht nur privat, auch im B2B-Bereich greifen Einkäufer immer öfter auf E-Commerce-Lösungen zurück. Die Funktion des Online-Shops hat sich verändert – von der reinen Bestellplattform zu einer Plattform, die eine von mehreren Vertriebskanälen ist. Cross- oder Multichannel heißt diese zukunftsträchtige Verknüpfung von stationärem und digitalem Vertrieb. „In Zukunft wird Handel nahtlos über alle Kanäle stattfinden“, sagt Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. Im deutschen Einzelhandel etwa haben sich rund ein Drittel der Käufer vorab über digitale Medien über Produkte informiert, die sie anschließend im stationären Handel erwerben, so eine Studie von Deloitte.


Doch der schönste Shop bringt nichts, wenn er keine relevanten Inhalte vermittelt. Kunden erwarten bei Online-Shops ausführliche und sachliche Informationen über die Produkte, die Bezahlmöglichkeiten und die Versandbedingungen. Vor allem bei komplizierten Hightech-Produkten wünschen sich 90 Prozent der Nutzer professionelle Inhalte, so eine Studie des ECC Köln vom Juli 2015. Die Marktforscher haben festgestellt: Je besser die Texte, desto lieber kaufen die Nutzer – und desto weniger senden sie später zurück.

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