Vernetzte Flotte

Moderene Fahrzeuge erheben und speichern Informationen. Fuhrparkmanager nutzen die Daten, um das Flottenmanagement zu optimieren.
Illustration: Friederike Olsson
Illustration: Friederike Olsson
Kai Kolwitz Redaktion

Vom Fuhrparkmanager zum IT-Spezialisten? Ein Informatik-Studium braucht man zwar weiterhin nicht, um die Fahrzeugflotte eines Unternehmens zu managen. Aber im Job-Alltag spielt der Umgang mit Daten im Jahr 2017 eine Rolle, die sich alte Hasen bei ihrem Berufseinstieg wohl noch nicht hätten träumen lassen.

Denn moderne Fahrzeuge sind ständig auf Sendung. Permanent erheben und speichern sie Informationen: Ort, Fahrzustand, technische Ist-Werte und noch einiges mehr. Was erhoben wird, variiert von Hersteller zu Hersteller im Detail. Aber klar ist: Wer sich diese Daten zunutze machen kann, der setzt Fahrzeuge effizienter ein und erkennt Probleme früher.

Aktuelle Softwaresysteme für das Flottenmanagement beziehen ihre Daten einerseits über die On-Board-Diagnose oder greifen direkt auf das CAN-Bus-System des Wagens zu. Oft werden außerdem noch eigene Module verbaut, die zusätzliche Informationen erheben und als Display auch gleichzeitig den Fahrer mit Informationen versorgen können. Einsätze lassen sich so besser vorausplanen, die passenden Fahrzeuge mit der richtigen Besatzung zum Bestimmungsort dirigieren. Fahrtenbücher und Kilometerabrechnungen können automatisch erstellt werden, Wartungen und Reparaturen kündigen sich früher an und können mit in den Plan genommen werden, um die Verfügbarkeit hoch zu halten.

Noch größer werden die Möglichkeiten im Bereich der längerfristigen Planung: Sind die Fahrzeuge im Fuhrpark im Hinblick auf ihre Einsätze überhaupt noch die richtigen? Genügen sie in den Bereichen Motorisierung oder Ladekapazität noch den Anforderungen? Wie lassen sich die Fahrten gleichmäßig steuern, sodass auf dem Hof nicht Kilometerfresser neben Standuhren parken? Gibt es Problemkandidaten, die man bei Gelegenheit loswerden sollte, beispielsweise Modelle, die generell reparaturanfälliger sind als andere? Und wie steht es mit dem Remarketing, also dem Wiederverkauf? Welche Fahrzeugtypen spielen nach welcher Haltedauer die größten Beträge zurück in die Kassen?

Dabei gilt: Je größer die Datenbasis, auf die sich zurückgreifen lässt, desto schärfer wird der Blick. Aus diesem Grund lagern immer mehr Unternehmen zu spezialisierten Dienstleistern aus. Diese nutzen das Wissen, das sich aus dem Umgang mit tausenden Fahrzeugen ergibt, um die Flotte jedes Kunden zu optimieren. Mit solchen Informationen lässt sich nicht nur eine Flotte beeinflussen, sondern auch die Menschen, die sie bewegen: Denkbar sind Incentives für besonders sparsame und sichere Fahrer. Mit denen, bei denen es häufiger mal kracht, kann man gemeinsam nach Ursachen suchen – und vielleicht mal ein Fahrertraining spendieren.

Überhaupt, auch in Sachen Verkehrssicherheit hat die Vernetzung von Fahrzeugen schon sehr viel Positives bewirkt. Etwa in Form von Assistenzsystemen, die berufliche Vielfahrer vor Müdigkeitsattacken warnen. In Zukunft sollen Baustellen oder Staus nahenden Fahrzeugen selbstständig melden, dass sie da sind. Schon aktuelle dynamische Navigationssysteme greifen auf eine Vielzahl von Quellen zurück, um Stockungen im Verkehrsfluss rechtzeitig einbeziehen zu können: Kameras, anonymisierte Handydaten und noch einiges mehr. In einigen Jahren sollen die Standards soweit sein, dass Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur direkt kommunizieren: Eine Wanderbaustelle hätte den entsprechenden Transponder, als zusätzliche Absicherung für die Arbeiter dort. Das Auto, das als letztes am Stauende in der Kurve steht, würde übermitteln, dass dort nichts mehr weitergeht.

Ob solche Informationen nur als Unterstützung des Fahrers oder schon als Baustein autonom fahrender Systeme dienen, das wird man sehen. Aber solche Vernetzung würde vieles möglich machen: Fahrzeuge, die an der Ampel quasi gleichzeitig losfahren, so dass auf die gleiche Menge Straße mehr Verkehr passt. Systeme, die Autos wie einen Insektenschwarm durch eine Engstelle navigieren, sodass alle gemeinsam am schnellsten ans Ziel kommen.

Schon heute bietet die neueste Generation des Audi A8 Funktionen zum autonomen Fahren, die so weitreichend sind, dass sie mangels passender Gesetze erst in Zukunft freigeschaltet werden sollen. Und in den USA lässt Mercedes bereits so genannte „Platoons“ autonom steuernder LKW über öffentliche Straßen rollen: Informationen werden übermittelt, dadurch werden geringe Abstände möglich, Windschatten bedeutet reduzierte Treibstoffkosten.

Natürlich spielt auch klassisches Reporting in Sachen Sicherheit weiter seine Rolle. Zum Beispiel bei der Identifikation von häufigen Unfallursachen und der Suche nach Verbesserungen. Telefonmodule mit Sprachsteuerung oder Rückfahrkameras zur Unfallprävention zum Beispiel. Und wenn doch noch etwas passiert, sorgen elektronische Schadensakten für standardisierte Vorgänge und einfache Kommunikation mit der Versicherung.
 

Allerdings schafft das auch neue Herausforderungen: Datenschutz muss gewahrt bleiben und auch darüber hinaus gilt es, Mitarbeiter mitzunehmen. Denn wer das Gefühl hat, von der Datenerfassung vor allem kontrolliert zu werden, der wird seinen Teil sicher nicht so akkurat erledigen wie wünschenswert. Außerdem sind Fahrt- und Fahrzeugdaten in vielen Unternehmen sensibel und wollen gut gegen unerlaubte Nutzung geschützt sein. Niemand muss wissen, wo der LKW mit der teuren Fracht oder die wertvolle Spezialmaschine jetzt oder später zu finden sind.
Und dann ist es noch so, dass die Arbeit mit den Daten dazu führt, dass altbekannte Fragen zunehmend neu formuliert werden. Etwa: Welchem Mitarbeiter steht welcher Dienstwagen zu? Eine Lösung ist zum Beispiel, sich mit mehreren Unternehmen einen Fahrzeugpool zu teilen. Das macht flexibler, was Nutzungszeiten, Orte und Fahrzeugarten angeht und kann Mietwageneinsätze deutlich reduzieren.

Und dank immer besserer Informationsmöglichkeiten lässt sich auch vernetzte Mobilität immer besser realisieren: Carsharing, Bahn und noch vieles mehr, Apps wie moovel zeigen die unterschiedlichen Möglichkeiten auf.  Dann lautet die Frage nicht mehr: „Wer bekommt welchen Dienstwagen?“ Sondern: „Wie bekommen wir Mitarbeiter und/oder Fracht am sinnvollsten ans Ziel?“

Nächster Artikel